© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/21 / 21. Mai 2021

Zitate

„Neuerdings sagt auch der Identitätspolitiker ‘Klasse’, aber er meint es nicht so. (…) Da geht es dann bequemerweise nicht um Umverteilung oder Chancengleichheit, sondern um Sprache, um freundlichen Umgang miteinander, so wie man anständigerweise auch nichts Rassistisches oder Homophobes sagt. Dann wird, statt rüde von ‘armen Menschen’ zu reden, lieber freundlich von ‘Einkommensschwachen’ oder ‘sozial Benachteiligten’ gesprochen. Sprachkosmetik, die den Gegensatz der Klassen einebnet, ohne den Betroffenen wirklich zu helfen.“

Arno Frank, Ex-„taz“-Redakteur, im Deutschlandfunk Kultur am 11. Mai





„Die Debattenkultur ist im Ausnahmezustand. Man ist entweder für oder gegen etwas, man ist „schwarz“ oder „weiß“, Gestriger oder Genderstern-Freund, Klimaschützer oder Klimaignorant, Multi-Kulti oder Rassist und natürlich Corona-Bezwinger oder Corona-Leugner (also Merkel-Adept oder ‘Alu-Hut’). Dazwischen: das soziologische Nichts, eine Gefahrenzone. (...) Nicht, wer man ist, sondern für wen man gehalten werden könnte – das ist der kategorische Imperativ dieser modernen Sortier-Gesellschaft. “

Hans-Jürgen Jakobs, Senior Editor, im „Handelsblatt“ vom 13. Mai





„Von der ‘Zerstörung der Lebensgrundlagen’ war in der Präambel des ersten grünen Programms 1980 die Rede. Beim Umgang mit der Windenergie zeigt sich, wie solche Bekenntnisse heute zu verstehen sind, in Baden-Württemberg und im Windenergieland Brandenburg. Muß saubere Energie mit der Zerstörung von (Kultur-)Landschaften einhergehen? (…) Menschen – das gehört zu den wenigen Argumenten für Rotoren mitten im Wald – können durch die Anlagen nicht gesundheitlich beeinträchtigt werden. Aber den Artenschutz wird man wohl etwas anpassen müssen. Allenfalls die Waldameisen werden mit den Staatswald-Rotoren nicht hadern.“

Werner van Bebber, Reporter, im „Tagesspiegel“ am 14. Mai





„Der Sicherheitsstaat greift weit und immer weiter aus – Prävention hat offenbar selbst legitimierende Kraft. Und: Präventive Logik ist expansiv. Es gibt über die Prävention ja den schönen alten Satz, daß das Kind nicht in den Brunnen fallen soll. Aber wir können deswegen nicht alle Brunnen mit Brettern vernageln.“

Heribert Prantl, ehemaliges Mitglied der Chefredaktion der „Süddeutschen Zeitung“, in der „Berliner Zeitung“ vom 15. Mai





„Am Beispiel Maaßen zeigt sich, wie derzeit zunehmend vorgegangen wird, nämlich mit einer pseudo-investigativen Spurensuche und dann gezielt plazierten Vorwürfen, die Zusammenhänge von Äußerungen oder das eigentlich Gemeinte verschleiern. Wir müssen mittlerweile aufpassen, daß es in Deutschland nicht so wird wie in den 1950er–Jahren in den USA, als der Kommunisten-Jäger McCarthy reihenweise Menschen durch konstruierte Vorwürfe diskreditierte. Mir macht es generell Sorge, daß jede vielleicht unbedachte Äußerung gleich die gesellschaftliche Existenz kosten kann.“

Stefan Aust, Herausgeber der „Welt am Sonntag“, in der „Welt“ vom 16. Mai