© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/21 / 21. Mai 2021

Zeitschriftenkritik: Attersee Report
Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung
Werner Olles

Geräusch- und gedankenlos sei der 18. Januar, der Tag der Proklamation des Zweiten Deutschen Reiches, in Österreich vorbeigezogen, schreibt Norbert Nemeth, Herausgeber der viermal jährlich erscheinenden Zeitschrift Attersee Report in der aktuellen Ausgabe (Nr. 28). Das habe mit einem „generellen Bewußtseinsverfall“ zu tun, der zunächst „unsere Existenz als Teil eines Kollektivs“ betreffe. Erst wenn jegliche Erinnerung getilgt sei, könne die neue Gesellschaft entstehen und die faktische Gleichheit aller Menschen wahr werden. Individuelle Werte und Ziele zählten dann nicht mehr, die große gemeinsame Weltfamilie ersetze die persönliche Familie. Die Pandemie erweise sich als Brandbeschleuniger wider unser freiheitliches Wertesystem. Ein gutes Beispiel dafür sieht der Autor in dem sogenannten grünen Impfpaß, der vor kurzer Zeit im Nationalrat beschlossen wurde. Dinge, die bislang selbstverständlich waren, wie Geselligkeit, Reisen oder Lokalbesuche, werden nur mit einer behördlichen Erlaubnis möglich sein. Kann eine Verwaltung tiefer in die Privatsphäre eines Einzelnen vordringen? An diesem Punkt verlasse die Politik die Sphäre der Realpolitik und beschreite den Weg hinüber ins Dystopische. Ein Selbstbestimmtes habe einem Fremdbestimmten zu weichen. Doch die Geschichte habe gezeigt, daß die Fremdbestimmung immer nur eine Ouvertüre zu etwas weit Dramatischerem war, nämlich zur Fremdherrschaft, eine Erkenntnis, die wir Friedrich von Schiller verdanken.

Während der Historiker Lothar Höbelt zum hundertfünfzigsten Jahrestag der kleindeutschen Lösung von 1871 in seinem Beitrag „Die ‘aufgehobene’ großdeutsche Lösung“ thematisiert, befaßt sich Arnulf Helperstorfer mit dem Untergang des Römischen Weltreiches und zitiert den Historiker Alexander Demandt: „Das Römische Reich war fremdenfreundlich. Doch Einwanderer ließen sich nur in überschaubarer Zahl integrieren. Sobald diese eine kritische Menge überschritten und als eigenständig Handlungsfähige Gruppen organisiert waren, verschob sich das Machtgefüge, die alte Ordnung löste sich auf.“

Thomas Grischany beschreibt in „Buntland, Buntland über alles!“, wie Deutschland zu „einer der am meisten pazifistischen Nationen aller Zeiten“ wurde, die sich nichts mehr wünsche als endlich von allen Menschen in der Welt geliebt zu werden. Für Angela Merkel gelte die massenhafte Integration von Migranten nicht nur als bereichernd, sondern als alternativlos, zumal in vielen Großstädten in den nächsten Jahren mehr Kinder mit Migrationshintergrund eingeschult würden als Kinder von deutschen Familien.

Weitere Magazinbeiträge befassen sich unter anderem mit Aspekten der Völkerwanderungen, der Rolle Deutschlands in den transatlantischen Beziehungen sowie der unterschätzten grünen Regierungsgefahr. Im Feuilleton schreiben Norbert Nemeth über „Wilhelm Tell – Die konservative Revolution“ und Gerhard Schüsselberger über die innere Widerstandskraft der Gesellschaft in Pandemie-Zeiten.

Kontakt: Freiheitlicher Arbeitskreis Attersee, Blütenstr. 21/1, A-4040 Linz.

 www.atterseekreis.at