© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/21 / 21. Mai 2021

Beitragskritiker kamen bisher nicht zu Wort
„ARD-Zukunftsdialog“: Die Anstalten wollen mit den Bürgern über die Gestaltung der Öffentlich-Rechtlichen diskutieren
Ronald Berthold

Etwa 200 Bürger hatte die ARD nach dem Zufallsprinzip eingeladen und auf 170 Teilnehmer gehofft. Letztlich haben sich 140 am „Zukunftsdialog“ mit dem Vorsitzenden Tom Buhrow beteiligt. Die geschlossene Videokonferenz, die vier von der Anstalt ausgewählte Journalisten verfolgen durften, soll dem Sender zeigen, was sich sein Publikum für die nächsten Jahre wünscht.

Daß 66 Prozent eine Beitragserhöhung ablehnen, weiß man bei der ARD, seit dies Umfragen belegen. Daher sollte es darum nicht gehen. Dieses heikle Thema hätte womöglich die gute Laune, die sich Buhrow nach dem Frühstückskaffee am Sonnabend bei den Teilnehmern erhoffte, verdorben. Da traf es sich gut, daß Grundsatz-Kritiker und Gebührenverweigerer nicht an den Bildschirmen saßen. Die Gespräche seien konstruktiv verlaufen, berichtet die Welt. Die jährlich 5,6 Millionen Euro Beitragsgelder, die der ARD nicht genügen, regten niemanden auf.

Ob die Auswahl wirklich so zufällig – aber „nicht repräsentativ“, wie ARD-Sprecher Briand Bingül einräumte – vonstatten ging? Die Welt schreibt, daß vor allem die Nachrichten „gelobt wurden“. Dies hätten auch jüngere Teilnehmer betont. Die „Tagesschau“ gucke man, wenn es „wirklich wichtig“ sei. Trotzdem: In jeder der drei Runden sei „mangelnde Meinungsvielfalt“ ein Thema gewesen, schreibt die Zeitung. Dieses Defizit habe bei den Prioritäten „oft oben“ rangiert. Bis zu 25 Prozent der Teilnehmer hätten den Wunsch nach einer stärkeren Meinungsvielfalt als wichtigstes Anliegen vorgebracht.

In den Diskussionen sei es nicht um Serien, Filme oder Unterhaltung gegangen. Vielmehr haben die Teilnehmer die ARD „an ihren Bildungsauftrag erinnert“. Dieser sei „massiv gefordert“ worden. Information und Bildung sieht das ausgewählte Publikum daher als Kernaufgaben des Senderverbundes. Offenbar hat die Zufallseinladung vor allem Nachrichten-Junkies erreicht. Die Welt: „Mehr Quizshows oder mehr Krimis – das wünscht sich kein Teilnehmer.“

Die Diskussionen in den einzelnen Teilnehmer-Gruppen moderierten zum Teil bekannte Mitarbeiter – darunter der Entertainer Eckart von Hirschhausen. Ziel war es, so ARD-Sprecher Bingül vorab, Meinungen „möglichst ungefiltert“ zu erfassen. Ab 31. Mai kann sich dann jeder über eine eigens geschaltete Webseite am „Zukunftsdialog“ beteiligen. Die Ergebnisse sollen in internen Workshops ohne Bürger beraten werden. Bis Ende des Jahres entsteht daraus ein Abschlußbericht. Den will die ARD als Grundlage für Gespräche mit Medienpolitikern über die Zukunft der Anstalt nutzen.