© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/21 / 21. Mai 2021

Frisch gepresst

Grüne. Lothar Gassmann war in seiner Jugend das, was heute die Klimajugend von „Fridays for Future“ ist. Er schrieb unter anderem Flugblätter gegen Atomkraftwerke, ungesunde Lebensweise und Umweltzerstörung. Seine Hoffnung war nach eigenen Aussagen „grün“. Als Wegbereiter der noch jungen Partei erlebte er deren Entwicklung hautnah mit – und wurde bitter enttäuscht. „Die Grünen haben seit ihrer Gründung 1980 manche äußeren Wandlungen durchgemacht, aber im innersten Kern ist ihre Weltanschauung die gleiche geblieben“, verdeutlicht er. Bei dieser handle es sich um eine Kombination aus Neomarxismus und Naturmystik. Der gläubige Christ formuliert als alternativen Ansatz eine bewußt nicht parteipolitische Antwort zur Philosophie der Grünen, in der er die Umwelt im Sinne der Bibel als göttliche Schöpfung würdigt. Gassmann, der als Lehrer und Publizist tätig ist, gewährt aus kompetenter Perspektive interessante Einblicke in die Entwicklung und ideologischen Grundlagen der Ökopartei. Seine Ausführungen sind insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl im September interessant, bei der die Grünen stärkste Kraft werden könnten. (zit) 

Lothar Gassmann: Die Grünen – Was steckt wirklich dahinter? Eine Enthüllung. Jeremia Verlag, Karlsruhe 2021, gebunden, 244 Seiten, 15 Euro





Revolution. Gleich zu Beginn macht Jörg Baberowski allen Verzagten Hoffnung, die daran zweifeln, daß die Macht sich jemals von einer „Volkswut“ erschüttern lasse. Niemand, wahrscheinlich auch Lenin nicht im fernen Züricher Exil, habe nämlich während eines Protestes gegen mangelnde Brotversorgung im Frühjahr 1917 daran geglaubt, daß die klägliche Menge frierender Proletarier in Petrograd den Staat zum Einsturz bringen könnte, der bisher noch jede Unruhe im Zarenreich „mit leichter Hand“ niederkartätscht hatte. In seiner historischen Analyse nimmt Baberowski Bezug auf die Werke Carl Schmitts –  besonders die „Politische Theologie“ und den „Leviathan“ –, um den plötzlichen Staatszerfall Rußlands zu erklären. Doch seinem zeitlos anwendbaren Fazit „Wer nicht die Macht hat, andere zu schützen, hat auch nicht das Recht, Gehorsam zu verlangen“ glaubt auch der entmutigte Berliner Historiker keine Parallelität für die Gegenwart der Alternativlosigkeiten zuweisen zu können. (bä)

Jörg Baberowski: Der bedrohte Leviathan. Staat und Revolution in Rußland. Verlag Duncker&Humblot, Berlin 2021, broschiert, 126 Seiten, 26,90 Euro