© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/21 / 21. Mai 2021

Umwelt
Nordsee statt Südsee
Paul Leonhard

Als Werbemann für die deutsche Reisebranche würde Jens Spahn eine ganz gute Figur machen: „Nordsee statt Südsee“, tönt der Gesundheitsminister angesichts der Corona-Pandemie. Und wegen der grün-schwarzen Zukunft sind „große Fernreisen“ fürs gemeine Volk ohnehin bald ein teures Privileg: Ein „Klima-Fußabdruck“ von 1.902 Kilo CO2 pro Kopf für den Hin- und Rückflug nach Teneriffa oder 4.757 Kilo für die Malediven wäre unter Annalena Baerbock wohl ein No-go. Und Mecklenburg-Vorpommern erlaubt nun Familienurlaub mit vollständig geimpften Eltern und ihren ungeimpften Kindern. In Niedersachsen hat sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) etwas ganz Besonderes ausgedacht: Fremdenverkehr ausschließlich für Landsleute, um Handel, Gastronomie und Tourismus zu genießen.

Aufenthalt in der Ferienwohnung oder auf dem Campingplatz mit eigenem WC.

Seine Partei- und Amtskollegin Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz verspricht zu Pfingsten Aufenthalte in der Ferienwohnung oder auf dem Campingplatz mit eigener sanitärer Anlage. Bayern ist da schon einen kleinen Schritt weiter und hat die Öffnung von Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätzen in Kreisen mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 ab dem 21. Mai zugesagt. Mit Blick auf den Sommer sind der Virologe Christian Drosten und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ein Herz und eine Seele. Während ersterer orakelt, daß „wir zum Juni hin erstmals Effekte sehen, die der Impfung zuzuschreiben sind“ und damit der Sommer – ohne „zu früh in totale Euphorie zu verfallen“ – ganz gut werden könne in Deutschland, heißt es von dem anderen, daß einem Sommerurlaub „mit bestimmten Auflagen“ nichts mehr im Wege stehe, „wenn wir dann vorsichtig bei Öffnungen vorgehen“. Wer dennoch keine Heimattreue zeigen will, für den ist Nordfinnland laut der offiziellen Reise-App Re-open EU eine coronafreie Alternative.