© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/21 / 28. Mai 2021

Scheitern der Woche
Pipi in die Pulle?
Christian Vollradt

Zuweilen müssen sich Abgeordnete mit allerlei Kuriosem befassen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa beschloß man 2004 ein Landesseilbahngesetz, obwohl es dort seinerzeit keine einzige Seilbahn gab; aber anderenfalls hätte ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gedroht. Daher dürfte der Bundestag erleichtert sein über jedes abseitige Thema, das er nicht beraten muß. So wie beispielsweise die Forderung, die Straßenverkehrsordnung (StVO) um ein weiteres Verbot zu ergänzen: das des „Urinierens in Flaschen o.ä. während des Führens eines Kraftfahrzeugs“. Im Transportgewerbe herrsche oft Zeitdruck, meinte der Autor der Petition 122484, und dies führe oft zu eben jenem Verhalten. Die „Benutzung von in der Hand gehaltenen Utensilien“ beeinträchtige die Aufmerksamkeit des Fahrers. „Fürderhin landen die benutzten Flaschen oft auch noch in der Umwelt, anstatt ordnungsgemäß entsorgt zu werden.“ Nun dürfte solches Verhalten bereits einen Verstoß gegen die in Paragraph 1 der StVO festgeschriebenen Grundregeln darstellen. Unabhängig davon hätte sich der Petitionsausschuß mit dieser Frage befassen müssen. wenn sich 50.000 Unterstützer dem Wunsch der Petenten angeschlossen hätten. Doch offenbar wollen die Deutschen beim Pinkeln auf staatliche Eingriffe eher verzichten. Einen Tag vor Ablauf der Frist hatten erst 119 Interessenten mitunterzeichnet.