© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/21 / 28. Mai 2021

Letzte Fahrten der Stahlgiganten
Das Ende einer Marine-Ära: Am 27. Mai sank nach einem Gefecht mit der britischen Royal Navy das deutsche Schlachtschiff „Bismarck“ mit über 2.300 Mann
Thomas Schäfer

Bis in den Zweiten Weltkrieg hinein galten Schlachtschiffe als das Nonplusultra zur See. Daher trachtete auch die Kriegsmarine des Dritten Reiches nach dem Besitz solch schwerer Einheiten. Allerdings dauerte es wegen der zunächst noch geltenden Rüstungsbeschränkungen im Versailler Vertrag bis zum 1. Juli 1936, ehe mit der „Bismarck“ das erste wirklich vollwertige Schlachtschiff des nationalsozialistischen Deutschland auf Kiel gelegt werden konnte. Dessen Indienststellung erfolgte am 24. August 1940 – für einsatzbereit erklärt wurde das 250 Meter lange Ungetüm mit den acht 38-Zentimeter-Geschützen und der bis zu 360 Millimeter starken Panzerung dann am 24. Januar 1941. Wenig später wollte der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, die „Bismarck“ in den Nordatlantik entsenden, wo sie gemeinsam mit dem Schweren Kreuzer „Prinz Eugen“ besonders gesicherte britische Geleitzüge angreifen sollte. 

56 Einheiten der Briten jagten die „Bismarck“

Jedoch meldete der Flottenchef und Befehlshaber der Schlachtschiffe, Admiral Günther Lütjens, Bedenken gegen den Plan an: Der Verband aus nur zwei kampfstarken Einheiten könnte sich beim Zusammentreffen mit der Royal Navy als unterlegen erweisen. Daraufhin vereinbarten Lütjens und Raeder ein defensives Vorgehen, statt ganz auf das geplante „Unternehmen Rheinübung“ zu verzichten und abzuwarten, bis auch das „Bismarck“-Schwesterschiff „Tirpitz“ sowie die Schlachtschiffe „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ zur Verfügung standen.

Während der Passage der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island wurden die „Bismarck“ und die „Prinz Eugen“ am 23. Mai 1941 von der Royal Navy gestellt, woraus sich ein Feuergefecht entwickelte, in dessen Verlauf die „Bismarck“ die achtere Munitionskammer des britischen Schlachtkreuzers „Hood“ traf, der daraufhin in weniger als drei Minuten sank, was einen tiefen Schock in Großbritannien auslöste. Doch auch die „Bismarck“ hatte Beschädigungen erlitten und mußte daher versuchen, im Alleingang Saint-Nazaire zu erreichen, wo ein großes Trockendock für die nötigen Reparaturen bereitstand. Das wiederum sollte die britische Home Fleet unter Admiral John Tovey um jeden Preis verhindern. Daher bot die Royal Navy letztlich 56 ihrer schwimmenden Einheiten auf, um das Schlachtschiff noch vor dem rettenden Hafen abzufangen. 

Am 26. Mai geriet die „Bismarck“ dann auch tatsächlich in die Reichweite der Maschinen des britischen Flugzeugträgers „Ark Royal“. Um 20.47 Uhr gelang es dem Torpedobomber-Piloten Lieutenant Commander John William Charlton Moffat, die Ruderanlage der „Bismarck“ zu beschädigen. Diese konnte daraufhin nur noch im Kreis laufen und wurde dann am 27. Mai 1941 von den britischen Schlachtschiffen beziehungsweise Kreuzern „King George V.“, „Rodney“, „Norfolk“ und „Dorsetshire“ systematisch zusammengeschossen. Die „Bismarck“ sank um 10.40 Uhr 550 Seemeilen westlich von Brest. Dabei überlebten lediglich 115 der 2.349 Mann an Bord, wobei auch Admiral Lütjens zu den Toten zählte.

Bis heute ist umstritten, ob die kampfunfähige „Bismarck“ am Ende durch Selbstversenkung endete oder die Torpedos der „Dorsetshire“ den finalen Todesstoß ausführten. Auf jeden Fall zeigte der Untergang der schwimmenden Festung im allerersten Kampfeinsatz, daß die Ära der Schlachtschiffe vorbei war und die Flugzeugträger nun die neuen Könige der Meere darstellten. Diese Erfahrung mußten später unter anderem auch die US-Amerikaner beim japanischen Angriff auf Pearl Harbor und die Japaner anläßlich der Versenkung ihrer beiden Superschlachtschiffe „Yamato“ und „Musashi“ machen.