© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/21 / 28. Mai 2021

Kabinenklatsch
Die Großen können viel von den Kleinen lernen
Ronald Berthold

Und kein Geld schießt doch Tore. Otto Rehhagel hatte es zwar mal umgekehrt gesagt. Aber so herum ist es auch richtig. Jedenfalls, wenn wir nicht auf die Deutsche Fußballmeisterschaft blicken. Da wird Geld immer Tore schießen. Das beweist Bayern mit der neunten Schale in Folge. Aber schauen wir mal nach unten. Dann verstehen Sie, was ich meine.

Bielefeld, Stuttgart, Augsburg, Freiburg und Mainz spielen auch in der kommenden Saison erstklassig. Union landete sogar auf Platz 7. Mit Schalke, Bremen und Köln hat es dagegen gleich drei Tanker erwischt. Auch in der 2. Liga liegen die Kleinen vor den Großen. Bochum, Kiel und Fürth hat vor der Saison wohl niemand als die ersten Drei getippt. Sie ließen Hannover, Nürnberg, Düsseldorf und – natürlich – den HSV hinter sich.

Oft geht Kommerz vor Kameradschaft; dies nervt die Fans und rächt sich nun.

Das zeigt: Wer es gewöhnt ist, mit wenig Geld auszukommen, reißt unten mehr als verwöhnte Groß-Klubs. Es gibt nicht mehr den Automatismus, mit zwar geringerem, aber immer noch deutlich höherem Etat als die anderen Zweitligisten aus dem Unterhaus sofort wieder aufzusteigen. Und das ist doch etwas für Fußball-Romantiker. Denn daß Kommerz vor Kameradschaft geht, nervt uns doch alle. Auffällig finde ich, daß sich unter den letzten dreien der Bundesliga kein Aufsteiger aus dem Vorjahr findet. Und unter den ersten drei der 2. Liga liegt kein Absteiger.

Daher werden es auch Schalke und Werder schwer haben, direkt zurückzukommen. Der einstige Dino HSV, der nun die vierte Zweitliga-Saison spielen muß, belegt das Jahr für Jahr. Außerdem haben sich die beiden Absteiger, die ununterbrochen 30 Jahre (Schalke) bzw. 41 (Werder) der Eliteklasse angehörten, im Angesicht der hohen Fernsehgelder so verhoben, daß sie stark insolvenzgefährdet sind. Werder bekommt nun 30 Millionen Euro weniger aus den TV-Rechten. Da ist kluges Zweitligamanagement gefragt, um nicht ins Bodenlose zu fallen. Bochum, Fürth und Kiel haben gezeigt, wie es geht. Es wird wohl Jahre dauern, bis das auch die alten Großen in der kleinen Zweiten Liga lernen.