© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/21 / 04. Juni 2021

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Blätter, Bonzen – und eine „Bombe“
Paul Rosen

Als die Masken-Affäre im Bundestag hochkochte, gelobte die Union Besserung. Künftig sollte es mehr Transparenz über Nebeneinkünfte geben, die Bestimmungen über die Parteienfinanzierung sollten verschärft werden. Unter den Fraktionen wurde diskutiert, den Betrag pro Parteispender und Jahr auf 100.000 Euro zu begrenzen und die Namen von Spendern bereits ab 2.000 oder 5.000 Euro (derzeit 10.000) offenzulegen. Doch daraus wird wohl vor der Bundestagswahl nichts mehr werden, da die CDU/CSU in den Verhandlungen plötzlich die Einführung einer Bestimmung verlangte, wonach Parteien nur noch Unternehmensbeteiligungen haben dürfen, die sie unbedingt zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Die SPD tobte. Hätte sie doch ihre Zeitungsholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) bei Einfügung einer solchen Bestimmung ins Parteiengesetz verkaufen müssen. Zum Presseimperium der SPD gehören klangvolle Titel wie die Bielefelder Tageszeitung Neue Westfälische. Außerdem hält die DDVG Beteiligungen an der Madsack-Gruppe (Hannoversche Allgemeine), den Kieler Nachrichten, der Leipziger Volkszeitung und der Frankenpost. Die anderen Parteien haben keine ähnlichen Beteiligungen.

Der umfangreiche Pressebesitz der SPD ist der Union schon lange ein Dorn im Auge. So hatte der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch gefordert, daß die Zeitungen diese Beteiligungen ausweisen müßten. Wo SPD drin sei, müsse auch SPD draufstehen, hatte Koch argumentiert. Die Partei selbst will unbedingt an ihren Beteiligungen festhalten. Schatzmeister Dietmar Nietan erklärte nach dem Platzen der Verhandlungen, eine Einigung bei den Regeln für Parteispenden mit der Auflage verknüpfen zu wollen, daß die SPD ihre Medienholding abstoßen müsse, sei niederträchtig, eine Erpressung und ein „untaugliches Ablenkungsmanöver, um Transparenz zu verhindern“.

Dabei würde die Union den Sozialdemokraten vermutlich sogar einen großen Gefallen tun. Denn von der Auflagen- und Ertragskrise der Tageszeitungen bleiben auch die SPD-Blätter nicht verschont. Ein Blick in die Rechenschaftsberichte der SPD zeigt einen dramatischen Niedergang der Ertragslage. So betrugen die Einnahmen der Partei aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen 2009 10,131 Millionen Euro und machten damit 5,85 Prozent der Gesamteinnahmen in Höhe von 173,3 Millionen Euro aus. Es dürfte sich dabei überwiegend um Gewinne der DDVG handeln, die an die SPD abgeführt wurden. Im jüngsten vorliegenden Rechenschaftsbericht von 2019 werden die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit gerade noch mit 652.000 Euro angegeben, was 0,38 Prozent der Gesamteinnahmen in Höhe von 169,2 Millionen Euro entspricht.

Angesichts des Auflagenschwunds drängt DDVG-Chef Matthias Linnekugel auf die Realisierung der angekündigten, aber bisher nicht zustande gekommenen staatlichen Subventionierung der Zeitungen. Er würde es am einfachsten finden, wenn „der Staat einen Zuschuß pro ausgelieferter Zeitung gibt“.