© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/21 / 04. Juni 2021

Baumaterialmangel und erneuter Immobilienboom in den USA?
Bereute Käufe
Thomas Kirchner

Die Häuserpreise in den USA steigen wieder. Voriges Jahr waren es im Schnitt 19 Prozent – bei einer offiziellen Inflationsrate von nur 1,25 Prozent. Hauptgrund war die Stadtflucht: Im Corona-Lockdown haben große Häuser mit Garten in Vorstädten und auf dem Land klare Vorteile. Damit legte der Trend zur Innenstadt-Revitalisierung vorerst eine Pause ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg flohen Amerikaner in Vorstädte, Innenstädte verwandelten sich in Ghettos. Erst in den 1990er Jahren setzte die Wende ein, als Schnäppchenjäger die oft gut erhaltene historische Bausubstanz in Brooklyn oder Harlem entdeckten.

Dort sind noch handgeschnitzte Jugendstilholztreppenhäuser erhalten – nicht weil die Bewohner am Erhalt interessiert waren, sondern weil sie sich keine Renovierung leisten konnten. Hinzu kommt Donald Trumps Steuerreform: Die Abzugsfähigkeit lokaler Steuern wurde auf 10.000 Dollar beschränkt. Für Besserverdiener ein starker Anreiz, in Niedrigsteuerstaaten wie Florida oder Texas umzuziehen. Milliardäre wie der New Yorker Investor Carl Icahn oder Elon Musk (Tesla) sparen so Millionen. Auch Donald Trumps Wohnsitz ist jetzt dauerhaft das Mar-a-Lago in Palm Beach (Florida), wo keine lokalen Steuern auf die Bundessteuern aufgeschlagen werden.

Zusammen mit den Zinssenkungen hat diese Nachfrage die Preise steigen lassen – und Baumaterialien wurden wie in Deutschland knapp. Allerdings scheint sich wegen der hohen Impfquote und der Corona-Lockerungen ein Ende der Investitionswelle abzuzeichnen: Die Zahl der verkauften Immobilien sank im April, auch die Zahl der erteilten Baugenehmigungen ging zurück – und fast zwei Drittel der 25 bis 40jährigen Käufer bereuen ihren Immobilienkauf.

Robert Shiller, der die Immobilienkrise 2008 vorhersagte, sieht nur eine langsame Preiskorrektur, aber keinen Crash. Denn dafür fehlt die spekulative Dynamik. Damals kam es zu Bieterschlachten, Betrug bei Hypothekenanträgen war weit verbreitet: Geringverdiener gaben sich als Millionäre aus, um mit teuren Immobilien spekulieren zu können. Sie konnten oft schon ihre erste Monatsrate nicht zahlen. Eigentumswohnungen wurden für Anleger gebaut, nicht für Käufer, die selbst einziehen wollten.

In New York und Kalifornien gibt es insbesondere im Luxussegment einen Preisverfall, da wegen anhaltender Corona-Einreisesperren ausländische Käufer fehlen. In Manhattan stieg der Leerstand bei Mietwohnungen von zwei auf zwölf Prozent. Preise für Eigentumswohnungen fielen um 15 Prozent. Trumps Ex-Finanzminister Steve Mnuchin konnte seine New Yorker Wohnung an der noblen Park Avenue erst verkaufen, als er den Preis von 32 auf 26 Millionen Dollar gesenkt hatte. Er zog aber nicht nach Florida um, sondern in die Hochsteuerstadt Hollywood, vermutlich um wieder Filme zu finanzieren.