© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/21 / 04. Juni 2021

Diese Art der Migration bedroht die Frauen
Ayaan Hirsi Ali über von der Emanzipationsbewegung ignorierte Mißstände muslimischer Einwanderung
Fabian Schmidt-Ahmad

Mit großem Geschrei wehklagen Frauen aus Feuilleton, Fernsehen und Funktionärsposten über angeblich vorenthaltene Spitzenjobs in Politik und Wirtschaft, die ihnen mit allerlei Zwangsmaßnahmen hinterhergetragen werden sollen. Jenseits dieser Blase berufsempörter Klageweiber, die sich ein Privileg nach dem anderen sichern, geht es für Frauen dagegen zunehmend rauh zu. Der abendliche Spaziergang, das luftige Sommerkleid, der vorwärtsgerichtete Blick – was früher selbstverständlich war, wird immer mehr zum Wagnis. 

Ayaan Hirsi Ali zeichnet mit ihrem jüngsten Buch „Beute. Warum muslimische Einwanderung westliche Frauenrechte bedroht“ diesen schleichenden Verdrängungsprozeß nach. Der Rückzug aus einer Öffentlichkeit, die sich dadurch immer mehr dem frauenleeren Straßenbild orientalischer Länder angleicht. Durchgesetzt durch systematische sexuelle Bedrängung, die eine Bandbreite „von schmierigen Komplimenten bis zu Beleidigungen und Drohungen“ besitzt. Und die Frauen passen sich an, mit Kleidungsstil und gesenktem Blick.

Obwohl dieser Prozeß in allen größeren westeuropäischen Städten leicht zu beobachten ist, wird er weitgehend ignoriert. „Eine weit verbreitete Form des Nichtwahrhabenwollens ist die Manipulation der Sprache über einen Prozeß, den ich als ‘semantisches Durcheinander’ bezeichne. Tatverdächtige werden in Polizeiberichten und in der Berichterstattung der Medien als ‘Südländer’, ‘Männer mit dunkler Hautfarbe’ oder Personen mit ‘gebrochenem Deutsch’ bezeichnet, ihr Migrantenstatus wird bewußt verschwiegen.“ 

Auch offizielle Zahlen verschweigen hier oft mehr, als sie offenlegen. „Eine weitere Taktik aus dem Lehrbuch des Nichhtwahrhabenwollens ist die Anfertigung von Statistiken, Studien und Untersuchungen mit dem Ziel, die Wirklichkeit vor Ort zu widerlegen“, resümiert Ali, die sich aber dennoch in einer Fleißarbeit durch kriminalstatistische Erhebungen europäischer Länder durcharbeitete. 

Auf einen vergleichbaren Nenner gebracht, kann Ali eine deutliche Zäsur herauslesen, die sich mit der Masseneinwanderung aus dem Orient deckt: „Die wichtigsten Zahlen zur sexuellen Gewalt zeigen, daß mit sexueller Gewalt verbundene Delikte in den fünf Jahren von 2008 bis 2013 leicht zugenommen haben, und zwar um 3,9 Prozent“, legt Ali dar. Danach zeige sich jedoch in mehreren westeuropäischen Staaten ein deutlicher Anstieg. Alleine in Dänemark hat sich „die Häufigkeit von Vergewaltigungen oder sexuellen Angriffen“ bis 2017 mehr als verdoppelt. Nüchternes Zahlenwerk, hinter dem jedoch Einzelschicksale stehen.

Es ist ein großer Verdienst, das Ali einigen dieser verdrängten Opfer Stimme und Gesicht gibt. Hier wird faßbar – mehr alsdurch jede Statistik – was der Pseudohumanismus der offenen Grenzen darstellt. Doch diesen demaskiert man nicht ungestraft. Das Schicksal Alis, die von einer jungen Asylantin zu einer der populärsten Politikerinnen und Frauenrechtlerinnen der Niederlande aufstieg, nur um ihre neue Heimat in Richtung der USA verlassen zu müssen, zeigt dies deutlich. Auch hier macht Ali auf ähnliche Biographien aufmerksam.

Warnern vor Mißständen drohen Konsequenzen

„Sich freimütig äußernden Akademikern wie dem schwedischen Soziologen Göran Adamson wurde eine Beförderung verweigert. Die britische Parlamentsabgeordnete Sarah Champion wurde umgehend aus dem Schattenkabinett der Labour Party entfernt, nachdem sie die sexuelle Ausbeutung minderjähriger Mädchen in ihrem Wahlkreis angeprangert hatte.“ Den höchsten Preis zahlte 2004 der Regisseur Theo van Gogh, dessen islamkritischer Film „Submission“ in Zusammenarbeit mit Ali entstand, der 2004 von einem islamistischen Fanatiker erschossen wurde. Dabei war der in den Niederlanden geborene Marokkaner bereits wegen terroristischer Bestrebungen aktenkundig. 

Wer allzu deutlich auf diese verfehlte Entwicklung hinweist, muß also mit Konsequenzen rechnen. Ganz im Gegensatz dazu wird großzügig über die Verfehlungen muslimischer Einwanderer hinweggesehen. Was von diesen selbstverständlich nur als Schwäche und Aufforderung zur weiteren Expansion interpretiert werden kann. Und effektiv jede Integrationsbemühungen im Keim erstickt. Doch selbst an den Stellen, wo tatsächlich der westliche Rechtsstaat richtet und bestraft, zeigt sich die Untauglichkeit seiner Instrumente.

So berichtete Ali ein ehemaliger schwedischer Polizist, daß orientalische Straftäter die dortigen Haftbedingungen mit Annehmlichkeiten wie Fernsehen, Poolbillard oder Fitneßräumen nicht als Bestrafung empfinden. „Ich bin jungen Männern begegnet, die wegen einer Vergewaltigung im Gefängnis saßen, und sie werden nicht abgeschoben. Das einzige, was ihnen wirklich Angst macht, ist, abgeschoben zu werden. Und das sage nicht einfach nur ich; das sagen mir diese jungen Männer.“ 

Die Lösung wäre also denkbar einfach. Doch dazu braucht es durchsetzungsstarker Männer. Aber an solchen Söhnen mangelt es Europa. Mit der notwendigen Konsequenz, daß für Frauen eine Zeit der Unsicherheit begonnen hat, an deren Ende – so die Entwicklung sich nicht deutlich ändert – die Unterwerfung, eben „Submission“ steht. „Ich schreibe dieses Buch vor allem, weil ich sehe, wie infolge schlecht gemanagter Zuwanderung und fehlgeschlagener Integration die Rechte von Frauen untergraben werden.“

Ayaan Hirsi Ali: Beute. Warum muslimische Einwanderung westliche Frauenrechte bedroht. C. Bertelsmann Verlag, München 2021, gebunden, 426 Seiten, 22 Euro