© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/21 / 11. Juni 2021

Bundesregierung plant Solardach-Pflicht für Wohngebäude
Teure Lobbypolitik
Marc Schmidt

Der Entwurf des „Klimaschutz-Sofortprogramms 2022“ zeigt erneut das Anbiedern von Union und SPD an den grünen Wunschpartner nach der Bundestagswahl 2021. Damit sollen „verschiedene Sektoren bei der Umsetzung der neuen Klimaschutzziele“ unterstützt werden, um den „Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent“ zu reduzieren. Oder aus dem Politsprech ins Deutsche übersetzt: Bau und Sanierung von Häusern und Wohnungen sollen drastisch verteuert werden. Mieten wie Strompreise werden weiter stark ansteigen. Eine von den vielen streitbaren Maßnahmen ist der Zwang zur Bestückung aller Dächer mit Photovoltaik-Modulen (PV).

Das erfreut den Bundesverband Solarwirtschaft, doch neugebaute Einfamilienhäuser werden sich so um 15.000 Euro verteuern, was sich bestenfalls nach zwölf Jahren ohne Zinslast amortisiert. Für einen mehrgeschossigen Altbau, dessen Dach saniert wird, gilt der PV-Zwang ebenfalls, verschlingt aber das Dreifache an Kosten für eine komplett neue Elektrik, veränderte Zähler und Speichereinheiten im Keller. Bei Eigentumswohnungen müssen die Eigner eine Firma in Form einer GBR bilden – mit allen Pflichten zur Buchhaltung und Versteuerung. Ein Verzicht auf Einspeisung durch Eigenverbrauch erhöht die Investitionskosten, der Erzeuger auf dem Dach wird bei mehreren Abnehmern rechtlich zum Stromproduzenten und Händler, der an die Bewohner verkauft – ein seit Jahren ungelöster Streitpunkt in Hausgemeinschaften und Steuerverfahren. Der PV-Zwang soll auch für Dächer mit ungeeigneter Grundkonstruktion, einer falschen Ausrichtung oder einer Verschattung durch andere Häuser oder Bäume gelten. Auf die kleinen Stadtwerke kämen über 100 Millionen Euro Investitionskosten für die Stromnetzsteuerung zu.

Durch die neuen Einspeisemengen würde entweder der Strompreis über eine höhere EEG-Umlage steigen oder wie bereits jetzt einplant die Kosten für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas, um damit den Strom zu „subventionieren“. Alle diese bekannten Schwachstellen des Gesetzentwurfs haben Eigentümerverbände, Stadtwerke, Architekten und die Stromwirtschaft erfolglos vorgetragen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der PV-Zwang für Dächer ein Gesetz, das die abzusehenden Mißstände nicht löst, sondern vorsätzlich schafft und verschärft.