© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/21 / 11. Juni 2021

Cato – Das Magazin für neue Sachlichkeit
Den Stürmen trotzen
Andreas Lombard

Ungezählt sind die Leser jener Print- und Online-Medien, die heute mit großem Elan dem Mainstream trotzen. Rückblickend kam hier der JUNGEN FREIHEIT eine kaum zu überschätzende Vorreiterrolle in den 35 Jahren ihres Bestehens zu, in denen sie den konservativen Geist in Deutschland gegen größte Widerstände gepflegt hat. Weitere Medien sind entstanden oder neu ausgerichtet worden, die dem immer rigider auftretenden Zeitgeist Paroli bieten. Und doch machte sich vor einigen Jahren ein Mangel bemerkbar. 

Was fehlte, war ein opulentes Magazin, das sich auf ästhetisch attraktive Weise der ganzen Breite des konservativen Weltbildes und Lebensentwurfs widmete, kurz, dem Schönen, Wahren und Guten. Es fehlte ein Magazin, das auch in seiner optischen Erscheinung jene Autorität für sich beanspruchen würde, die den zunehmend linken Medien verlorengeht. Besonders der Historiker Karlheinz Weißmann drängte darauf, unter dem Namen Cato (der Jüngere), des konservativen römischen Politikers und Widersacher Cäsars, ein neues Zweimonatsmagazin zu gründen – auch um jene Lücke zu schließen, die seit dem Ende von Caspar von Schrenck-Notzings Zeitschrift Criticón klaffte. Gleichzeitig dachte ich bei Manuscriptum darüber nach, die abgerissene Tradition so legendärer Produkte wie der FAZ-Tiefdruckbeilage „Bilder und Zeiten“ oder Franco Maria Riccis italienischem Kunstmagazin FMR fortzusetzen. So entstand 2017 das Magazin Cato.

Mit dem Verlag der Jungen Freiheit als einer Art Flugzeugträger erreichte Cato sofort eine Leserschaft, die das Projekt von Anfang an wirtschaftlich stabilisierte. Im selben Maße, in dem Cato weiteres inhaltliches Profil gewann, wurde auch die Leserschaft treuer und breiter, mit einem jährlichen Wachstum bei den Festabonnenten von zuletzt acht Prozent. Auch die wachsende Zahl namhafter Autoren spricht für sich. 22 Hefte sind seit dem Herbst 2017 erschienen. Keine vier Jahre sind vergangen, aber auf einmal gehört die damalige Premierenfeier im Zollpackhof mit Blick auf das Bundeskanzleramt einer anderen Epoche an. Nachdem Cato anfangs damit geworben hatte, eine „Arche für die Stürme von morgen“ zu sein, sind daraus inzwischen die Stürme „von heute“ geworden.

Je mehr sich die Tendenzen der Zeit zuspitzen, desto belebender wirkt Cato im Kontrast. Um links oder rechts geht es kaum noch, seit sich die herrschende Politik fast nur noch utopischen, destruktiv-nihilistischen Projekten verschreibt, die sich von einer menschengemäßen Lebenswelt weiter denn je entfernt haben. Je mehr dies geschieht, desto leichter wird es, den notwendigen Gegenentwurf zu formulieren und zu illustrieren – einen Gegenentwurf, der nicht vom Ressentiment lebt, sondern von der Überzeugungskraft eines konsistenten Welt- und Menschenbildes, das eine vielfach verlorengegangene Orientierung beansprucht.

Zum Selbstverständnis von Cato gehört zum Beispiel die Überzeugung, daß es kein konservatives Weltbild ohne jene religiöse Fundierung gibt, die in Mitteleuropa nun einmal vom Christentum ausgeht – zumindest nicht ohne eine feste Verankerung im christlichen Naturrecht, welches Abtreibung und Sterbehilfe ebenso ausschließt wie die gleichgeschlechtliche „Ehe“ oder den Transhumanismus. Die traditionelle Familie als Abbild der himmlischen Ordnung und Keimzelle einer stabilen, sich selbst regenerierenden Gesellschaft, die ohne übergriffigen Sozialstaat auskommt, ist und bleibt der gemeinsame Nenner einer wahrhaft menschlichen Weltkultur. Zur Familie und zur religiösen Bindung gehört als Drittes die wirtschaftliche Subsistenz (als vielbeschworene „Nachhaltigkeit“ ideologisch verzerrt bis zur Unkenntlichkeit). Mit der ökonomischen Eigenverantwortung sind in einem weiteren Sinne nicht nur familiäre, sondern regionale und ökologische Wirtschaftskreisläufe gemeint, die genau jene Alternative zu einer sich selbst kannibalisierenden Globalwirtschaft bieten würden, über welche die verbots- und umverteilungswütigen Grünen und Linken am allerwenigsten nachdenken.

Deshalb wendet Cato sich neben den klassischen Debattenthemen auch praktischen Fragen zu. Schon das erste Heft setzte einen Grundton, der das Magazin seitdem begleitet: das Interview mit Léon Krier, einem der prominentesten Vertreter klassischer Architekten, der unter anderem für Prinz Charles die südenglische Mustersiedlung Poundbury konzipiert hat.

In einer Zeit, in welcher der herrschende Relativismus nicht nur seinen Nihilismus offenbart, sondern, zumal unter Corona-Bedingungen, auch Zynismus und Sadismus, hält Cato unbeirrt daran fest, die Kosten jener Weltfremdheit zu bilanzieren, die sich inzwischen auf allen wichtigen Gebieten des öffentlichen und in wachsendem Maße auch des privaten Lebens breitmacht. Zum positiven Gegenentwurf gehören Kunst und Kultur ebenso dazu wie Architektur und Handwerk, Geopolitik und Landwirtschaft.

Vielleicht ist es insbesondere ein Glaubenssatz, der das renommierte New Yorker Magazin First Things dazu veranlaßte, Cato als „das führende konservative Magazin Deutschlands“ zu bezeichnen: Es gibt ein richtiges Leben im falschen.






Andreas Lombard, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur des Magazins Cato.