© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Rätselhafter Vertrauensschwund in der deutschen Gesellschaft
Den rosa Elefanten übersehen
(ob)

Die politische Klasse der Bundesrepublik sorgt sich seit geraumer Zeit um den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“. So beschwor Kanzlerin Angela Merkel im Mai 2020, während der ersten „Corona-Welle“,  in dem  ihr sonst nicht eignen pathetischen Ton, das „Vertrauen“ der Bürger: „Ohne Vertrauen können wir einpacken“, da die „ganze Bundesrepublik aufgebaut ist auf Vertrauen“. So sieht es auch Martin Hartmann, der in Luzern Praktische Philosophie lehrt und der sich 2020 mit einem 300-Seiten-Buch  („Vertrauen – Die unsichtbare Macht“) als Politikberater empfohlen hat. Ohne seinerseits viel Vertrauen zu verdienen, wie die jüngste, treffsicher den rosa Elefanten im Raum ignorierende Einlassung des Professors zum Thema belegt (Gehirn & Geist, 5/2021). Hartmann beobachtet eine steigende Tendenz zur Entsolidarisierung in der deutschen Gesellschaft. Globalisierungsgewinner neigen etwa dazu, sich in „gated communities“ abzugrenzen oder zumindest ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken, während Globalisierungsverlierer sich in den „Echokammern sozialer Medien“ untereinander abschotten würden. Daß die durch Masseneinwanderung entstandenen „Parallelgesellschaften“ ursächlich dafür sind, wenn es nicht einmal mehr ausreicht, wie Hartmann jammert, „an Fakten zu appellieren“, um gemeinsame Überzeugungen zu stiften, fällt diesem Vertreter unpraktischer Philosophie jedoch genausowenig auf, wie Merkel wissen will, wieviel Vertrauen ihre Politik durch die bedingungslose Öffnung des von der deutschen Solidargemeinschaft in Jahrzehnten aufgebauten Sozial- und Rentensystems für jeden „Migranten“ ruiniert hat. 


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