© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Vor einem Aufbruch ins Zeitalter der Lebenden
Mehr Respekt vor Tieren
(dg)

Die Tierfrage ist für die französische Philosophin Corine Pelluchon „eine der Kernfragen unserer Zeit“. Die mit einer „Ethik der Wertschätzung“ (2019), einer „Philosophie der Ernährung und der Umwelt“ sowie einem „Manifest für Tiere“ (2020) auf dem deutschen Buchmarkt präsente Streiterin gegen Massentierhaltung und industrielle Fleischproduktion sieht die Menschheit deswegen am Scheideweg. Pelluchon fordert ein „Zurück zur Natur“, ohne jedoch die Moderne zu revidieren. Zu mehr Natur könne jeder Einzelne mittels „Selbsttransformation“ gelangen. Dazu sei nur eine in Schule und Universität anzuregende Änderung westlichen Denkens nötig. Dies habe die Zivilisation von der Natur abgeschnitten und Menschlichkeit und Animalität radikal voneinander getrennt. Ein solches auf „Herrschaft“ über die eigene und tierische Natur ausgerichtetes Weltbild „verwandelt alles in Krieg und kann zum Untergang der Zivilisation führen“. Ihre „Ethik der Tugenden“ lehre hingegen, wie ein Mensch die Erfüllung anderer Lebewesen als eigene Erfüllung erfahre. Dazu müßten wir uns bewußt werden, daß wir in Geflechten von Beziehungen mit verletzlichen Lebewesen existieren und einer Welt angehören, die größer und älter ist als wir. Machen wir uns das in einer alle Schichten unserer Psyche erfassenden Weise klar, wachse unser Respekt vor Tieren – was langsam zum Ende von Stierkämpfen, Jagd, jeglicher Tierquälerei und dem Massenkonsum von Fleisch führe. Ein Wandel, der einer „moralischen und geistigen Revolution“ gleichkäme, die die Menschheit aus ihrem „dekomplexierten Nihilismus“ ins „Zeitalter der Lebenden“ befördere (Kulturaustausch, 2/2021). 


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