© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Streiter für die Familie
Furchtlos und unermüdlich: Ein Nachruf auf den Publizisten Jürgen Liminski
Gernot Facius

Eine markante Stimme im deutschen Journalismus ist verstummt: Jürgen Liminski, Journalist und Diplom-Politologe, den Lesern der JUNGEN FREIHEIT als scharfzüngiger Autor bekannt, ist nach einer schweren Herzattacke im Alter von 71 Jahren in Bonn gestorben. Erst in der zweiten Mai-Hälfte waren seine letzten beiden JF-Beiträge – ein Leitartikel zum Israel-Palästina-Konflikt und ein Kommentar zur Flugzeugentführung nach Weißrußland – erschienen. Und die Ende dieser Woche in den Handel kommende Zeitschrift Cato enthält seinen nun posthum veröffentlichten Essay „Leugnung der Natur“ über Gesetzentwürfe im politischen Berlin, die vorsehen, pubertierenden Jugendlichen ab 14 Jahren eine hormonelle und operative Geschlechtsumwandlung auch gegen den Willen der Eltern zu ermöglichen.

Die Spezialgebiete des ehemaligen Deutschlandfunk-Redakteurs (bis 2015) waren Frankreich, die Lage im Nahen Osten und die Familienpolitik. Stephan Detjen, DLF-Chefkorrespondent, schrieb in einem Nachruf auf Twitter, Liminski habe den Kölner Sender mit ruhiger Stimme, Bildung und konservativer Haltung geprägt: „Keine Sendung ohne Familienpolitik. Liminski war Journalist und – man würde heute sagen – Aktivist für die Sache der Familie.“ Das war eine korrekte Beschreibung. Denn der Vater von zehn Kindern und Großvater von 21 Enkelkindern, zeitweise Ressortleiter für Außenpolitik bei der Welt und beim Rheinischen Merkur, unterstützte unter anderem das Familiennetzwerk, einen christlich-konservativen Interessenverband, und hatte bereits 1994 den Preis der Stiftung Ja zum Leben erhalten. Seit 2005 war er Geschäftsführer des im selben Jahr gegründeten Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (IDAF).

„Wir verlieren mit ihm einen treuen Partner und Freund, der stets für die Werte der Familie eintrat. Vor allem verlieren wir in ihm einen Philanthropen, stets dem Gegenüber zugewandt mit einem erstaunlichen Optimismus, trotz mancher politischer Anfeindungen. Er hinterläßt eine große Lücke“, zeigte sich Karl-Heinz B. van Lier, Geschäftsführer der Stiftung für Familienwerte, gegenüber dieser Zeitung vom Tod Jürgen Liminski betroffen.

Er war ein unermüdlicher Streiter für die Ehe und den Schutz des ungeborenen Lebens – auch als Mitarbeiter in- und ausländischer Zeitungen wie als Organisator familienpolitischer Kongresse. Die Liebesbeziehung zum Partner und den Kindern auch unter schwierigen Bedingungen zu gestalten, das sei mehr als Überlebenskunst, schärfte er in Vorträgen und Artikeln seinem Publikum ein: „Es ist das Wachsen der Seele!“ Kinder wünschten sich Zeit mit ihren Eltern. Aber Politik und Wirtschaft, und hier setzte die Kritik an, hätten bei dem Stichwort Familie kaum mehr im Sinn als Kita, also Fremdbetreuung, und Produktionssteigerung. „Dabei sollten sie langfristig an die Steigerung des Humanvermögens denken.“ 

Selbstbewußt verteidigte er sich gegen seine Kritiker

Er scheute sich auch nicht, in seinen Kommentaren die Gender-Ideologie anzuprangern und von einer Offenbarung sozialistischer Denkweisen in Deutschland zu sprechen. Denn zur Familienvergessenheit geselle sich die Kindeswohlvergessenheit. Am 7. Dezember 2018 konstatierte Liminski in der JF: „In diesem Land herrscht keine Willkommenskultur für ungeborene Kinder.“ Er geißelte das kollektivistischen Denken , daß Vater Staat alles besser könne. Ignoriert würden die Bindungsbedürfnisse kleiner Kinder und die schon lange wissenschaftlich nachweisbare Erkenntnis, daß Bindung der Bildung vorausgehe. Für den Publizisten, der mit solchen Einlassungen zwangsläufig die Zahl seiner Gegner in Medien und Politik vermehrte, stellte sich die Frage, ob Kindertagesstätten „wirklich systemrelevante Wirkung“ entfalten könnten, „wenn das Personal fehlt, was sich bei vielen Erzieherinnen schon wegen der chronischen Überforderung auch auf die Qualität niederschlägt“.

Gelassen nahm er es hin, wegen solcher Kritik in die Ecke des vermeintlich Altmodischen, des gesellschaftspolitisch Reaktionären gestellt zu werden. Selbstbewußt verteidigte er bei einem Vortrag in Augsburg seine Sicht der Dinge: „Familie ist die Lebensform, die der Natur des Menschen entspricht, seinen Hoffnungen und Sehnsüchten, seinem Durst nach Liebe, seinem Hunger nach Anerkennung, seinem Bedürfnis nach Intimität, die Geborgenheit schenkt und Gefühl für existentielle Sicherheit.“

Mit seiner aus Frankreich stammenden Ehefrau Martine, einer Pädagogin, schrieb Jürgen Liminski das Buch „Abenteuer Familie – Erziehung mit Liebe ist immer ein Erfolg“ (2002). Ebenfalls im Augsburger Sankt Ulrich Verlag erschien von ihm „Die verratene Familie – Politik ohne Zukunft“ (2007). 

Im Februar 2011 wurde Jürgen Liminski vom Paderborner Weihbischof Manfred Grothe zum Direktor der Informationsabteilung im Internationalen Generalsekretariat des Hilfswerks „Kirche in Not“ in Königstein (Taunus) ernannt, im Jahr darauf gab er diese Funktion aber wieder auf. Aus seiner Mitgliedschaft im Opus Dei machte der am 1. April 1950 im schwäbischen Memmingen geborene Journalist, der an Universitäten in Pamplona (Spanien), Straßburg und Freiburg im Breisgau studiert hatte, anders als viele andere Angehörige dieses als katholische Geheimorganisation verdächtigten „Werk Gottes“ nie ein Hehl. Hier war für ihn, den Paneuropäer, die Basis seines publizistischen, oder sollte man besser sagen: missionarischen Wirkens. Jürgen Liminski, darauf angesprochen, wiegelte stets ab: „Ich selbst klebe mir kein Etikett an. Ich bekenne mich zur römisch-katholischen Kirche, also auch zum Papsttum. Das ist für manche wohl schon reaktionär, für mich einfach nur katholisch.“

Überregional bekannt wurde er als Organisator eines Kongresses „Demographie und Wohlstand“ im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin unter der Schirmherrschaft der ehemaligen Staatsoberhäupter Jacques Chirac und Johannes Rau. Der Kongreßband gehörte, wie die Tagespost (Würzburg) anmerkte, zu den ausgezeichneten Fachbüchern des Jahres 2003. Was Jürgen Liminski über den Zustand des Journalismus sagte und zu Papier brachte, vermehrte nicht gerade die Zahl seiner Freunde in den Medien: „Im deutschen Journalismus herrscht eine Mentalität des Kollektiven.“

Einer seiner Söhne, Nathanael, hat sich früh an den väterlichen Maximen orientiert, auch was die Bindung an das katholische Lehramt betrifft. Er zählte zu den Mitbegründern des Netzwerks „Generation Benedikt“, später in „Initiative Pontifex“ umbenannt. Heute leitet er in Düsseldorf die Staatskanzlei von Armin Laschet und könnte im Falle eines Sieges des CDU-Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl im September mit nach Berlin gehen, möglicherweise als Chef des Kanzleramtes.