© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Blick in die Medien
Grüne Online-Welt
Tobias Dahlbrügge

Der kindische Aberglaube, das winzige Deutschland könne globale Temperaturschwankungen exakt begrenzen, indem es mutwillig seine industriellen Errungenschaften über Bord wirft, scheint das ganze Land befallen zu haben. Das eröffnet ein riesiges Marktpotential: Das im Herbst 2020 gestartete Online-Magazin greenspotting.de liefert den Jüngern der „Klimakirche der letzten Tage“ ein wahres Flächenbombardement aus Meldungen von der Grünen Front. 

Vom altgrünen Oberstudienrat bis zum FFF-Hopser wird hier jeder reuige Klimasünder bedient. Die Nachrichten sind ausgewogen: Es sind ebenso viele apokalyptische wie heilsversprechende dabei. Die Köpfe dahinter sind unter anderem Dieter Dürand, der für die Wirtschaftswoche das Magazin Green Economy konzipierte und die begleitende Netzseite green.wiwo.de mit aufbaute, sowie weitere frühere WiWo-Redakteure.

Auf dem Videokanal „VisualGreen“ gibt es ein Wiedersehen mit Renate Künast.

Eine redaktionelle Sparte des Angebots ist neben Ernährung, Mobilität oder Kultur die Rubrik „Ökolomie“. Das ist kein Schreibfehler, sondern ein modisches Kofferwort aus Ökologie und Ökonomie. Hier geht es beispielsweise um das „Megaprojekt zur klimaneutralen Transformation der chemischen Produktion“ oder die erstaunliche Nachricht, auch Recycling schade dem Klima. Der Anzeigenmarkt enthält Werbung für allerlei Öko-Wundermittel fürs klimaneutrale Heim oder grüne Investitionsgeschäfte, wie in eine solarbetriebene „Ananas-Konservenfabrik in Ghana“. Hersteller preisen „Casual Fashion aus Bio-Cotton“ für die Dame oder „Bio-T-Shirts“ für den Herrn an. 

Im Ressort „Geld“ erfahren die Leser, daß zwei von drei deutschen Stromkunden sich immer noch vorrangig für den günstigsten Strom statt für „sauberen“ entscheiden – da fliegt einem ja der faire und nachhaltige Sonnenhut hoch! Dafür wird lobend erwähnt, daß der Bayer-Konzern seine Managerboni künftig an die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen knüpft.

Auf dem Videokanal „VisualGreen“ gibt es einen tollen Weltuntergangssong und ein Wiedersehen mit Renate Künast, die einen „radikalen Schwenk“ in Handel und Landwirtschaft androht.