© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Haltungsnote
Nicht lange gezögert
Björn Harms

Der Kapitän der dänischen Nationalmannschaft, Simon Kjær, war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Diesmal nicht in seiner Paraderolle als eisenharter Verteidiger, aber doch auf dem Spielfeld. Er rettete seinem langjährigen Freund und Teamkollegen Christian Eriksen das Leben. Als dieser am Samstag in der 43. Minute des EM-Spiels gegen Finnland auf dramatische Art und Weise kollabierte, war es Kjær, der im Vollsprint zu Eriksen lief, die umstehenden Spieler zur Seite schob und mit einem Griff in Eriksens Mund sicherstellte, daß dieser seine Zunge nicht verschluckt. Als die Ärzte eintrafen, fanden sie Eriksen schon in stabiler Seitenlage vor. Anschließend versammelte Kjær seine Mannschaft um Eriksen herum. Die Spieler hakten sich unter, damit die Zuschauer nicht mit ansehen mußten, wie der Notarzt den Kollabierten reanimiert. Auch als Eriksens Freundin Sabrina Kvist Jensen weinend auf den Platz gelaufen kam, war der 32jährige zur Stelle und beruhigte sie. Das Spiel wurde nach langer Unterbrechung wieder angepfiffen (wofür die Uefa scharf kritisiert wurde), aber Kjær war mental nicht mehr anwesend. Der in den Diensten des AC Mailand stehende Verteidiger ließ sich in der 63. Minute auswechseln. „Er hat es versucht“, sagte sein Trainer Kasper Hjulmand, „aber es war nicht möglich.“ Dennoch könne er „nicht stolzer auf diese Gruppe von Menschen sein, die sich gut umeinander kümmern“, so Hjulmand – das gilt mit Sicherheit vor allem für seinen Kapitän.