© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/21 / 18. Juni 2021

Kabinenklatsch
Plötzlich geht es schnell
Ronald Berthold

Die Fußball-Europameisterschaft beamt uns ins vergangene Jahr zurück. Offiziell heißt sie „Uefa Euro 2020“. Damals fiel sie aus – wegen Corona. Heute zeigt uns der europäische Verband, was möglich ist, wenn man Druck gegen die politischen Maßnahmen macht. Wie selbstverständlich läßt sogar Pandemie-Hardliner Markus Söder 14.000 Fans ins Münchner Stadion. 

Vor der milliardenschweren Uefa mimt Bayerns Ministerpräsident den Softie. Nicht, daß ich mich nicht darüber freute, endlich keine Geisterspiele mehr sehen zu müssen. Aber gleichzeitig bin ich zornig, weil jeder, der das vorher für andere Veranstaltungen forderte, als verfassungsfeindlicher Querdenker diffamiert wurde. Den Einwand, nun seien die Inzidenzen ja niedriger, lasse ich nicht zu. Söder gab das Stadion schon vor Wochen frei, als er nur den Wunsch nach einem Bier an der frischen Luft als tödliche Gefahr ablehnte.

Jetzt, da herauskommt, daß die Überlastung der Intensivstationen, mit denen der Lockdown begründet wurde, eine Lüge war, wundert mich sowieso nichts mehr. Die Sache war ganz einfach: Wenn Söder kein Publikum erlaubt, entzieht die Uefa München die Spielgenehmigung. Und schwupps drehte der windkanalerprobte Markus sein Fähnchen. Plötzlich geht das, was eben noch verantwortungslos war und uns alle umbringen würde.

Wir dürfen gespannt sein, was passiert, wenn der Krake Uefa sich aus Deutschland wieder verzieht. Blicken wir später wehmütig auf ein paar sommerliche Wochen der Freiheit zurück? Oder können wir unser einigermaßen normales Leben behalten, wieder in die Stadien gehen und die Sportplätze zu dem machen, was sie sein müssen? Vitale Orte der Emotionen.