© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/21 / 25. Juni 2021

Allensbach-Umfrage zur Meinungsfreiheit
Gegen den Irrtum versichern
Dushan Wegner

Die Mehrheit der Deutschen fühlt sich laut einer Umfrage nicht frei, ihre Meinung zu sagen, so erfahren wir. Es sei „besser, vorsichtig zu sein“. Ich habe etwas Bauchweh ob dieser Art von Umfragen. Mancher antwortet eindeutig, hegt aber in Wirklichkeit ambivalente Gefühle. Haltungen könnten erst durch das Stellen der Frage entstehen. Nehmen wir jedoch der Debatte halber an, daß tatsächlich eine Mehrheit fühlt, man solle besser „vorsichtig“ im Aussprechen abweichender Meinungen sein. Unfreiheit in der Meinung ist mehr als ein Problem ethischer Ästhetik, es ist ein Problem kollektiver Wahrheitssuche.

In der Corona-Panik galt manches als offizielle Wahrheit, was nur Monate später nach Lüge roch, vom Ausschluß der Labor-These bis zum geldwerten Mangel an Intensivbetten. Zweifel an der offiziellen Darstellung der Sachlage wurden als „Verschwörungstheorien“ nerviger „Schwurbler“ abgetan. Hätte niemand der offiziellen Darstellung zu widersprechen gewagt, hätten alle „vorsichtig“ geschwiegen, dann hätte niemand die Wahrheit gesagt.

Wenn abweichende Meinungen nicht mehr gesagt werden, während die eine erlaubte Meinung eine Lüge transportiert, dann wird die Wahrheit selbst nicht mehr gesagt. Meinungsfreiheit ist mehr als gefühlige Moral und aufgeklärter Selbstzweck. Meinungsfreiheit ist eine Versicherung gegen dauernden kollektiven Irrtum. Abweichende Meinungen zu schützen bedeutet, all die Wahrheiten zu schützen, deren Zeit noch nicht gekommen ist.