© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/21 / 25. Juni 2021

Regionalwahlen in Frankreich
Kein Interesse mehr am Wählen
Friedrich-Thorsten Müller

Was hatte man sich in Frankreich (und Europa) nicht alles erwartet von den letzten Wahlen vor der Präsidentschaftswahl in zehn Monaten. Es hätte eine Richtungswahl werden sollen oder gar ein „Durchmarsch“ von Marine Le Pens Rassemblement National, dem man erstmals den Gewinn mehrerer Regionalpräsidentschaften zutraute. 

Stattdessen blieben einfach zwei Drittel der Wähler zu Hause oder zogen es vor, bei bestem Wetter die Corona-Lockerungen zu genießen. Gerade einmal zehn Prozent der Wahlberechtigten hielten es für wichtig, den beiden Favoriten für die Präsidentschaftsstichwahlen nächstes Jahr, Amtsinhaber Emmanuel Macron und Marine Le Pen, im ersten Wahlgang den Rücken zu stärken.

Auch die Konservativen als vermeintliche Gewinner des Wahlsonntags konnten keine zehn Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen locken. Ihren Erfolg verdanken sie vor allem der Wahldisziplin ihrer über 70jährigen Stammwähler und nicht einer irgendwie gearteten Aufbruchstimmung. Die Wahlbeteiligung dieser Altersklasse lag prozentual 4,5mal so hoch wie die der 18- bis 24jährigen.

Natürlich hielt auch mancher – wie beim letztenmal – den ersten Wahlgang für nicht so wichtig, so daß er erst am kommenden Wochenende zur Stichwahl wählen geht. Aber selbst dann bleibt diese Wahlverweigerung vom vergangenen Sonntag ein Fanal der Politikverdrossenheit in Frankreich.