© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/21 / 25. Juni 2021

Nachbarschaft der Woche
Der Neue nervt
Björn Harms

In unmittelbarer Nähe des Museums Barberini befindet sich in Potsdam ein exklusiver Neubau. Ein im Renaissancestil errichteter Palazzo vereint gleich mehrere Miet-Parteien unter einem Dach. Das mondäne Domizil in feiner Lage ist gefragt. Vor ein paar Wochen jedoch wurde die Idylle gestört. Niemand geringeres als Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zog gemeinsam mit seiner Ehefrau, der brandenburgischen Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), in das Haus ein. Mit Scholz folgte auch eine ganze Entourage an Sicherheitsleuten. Und diese sorgten nicht bei jedem Mieter für Wohlwollen, wie der Spiegel vergangene Woche berichtete. Schon nach kurzer Zeit hätten die ersten Beschwerden eingesetzt. Die Bewohner des Hauses seien beim Überqueren des Hofes beobachtet und sogar bis zur Hauseingangstür begleitet worden. Die eingesetzten Beamten hätten sie sogar beim Auskippen des Mülleimers ausgefragt. Ein Strahler sei angebracht worden, der nachts störend in die Wohnungen anderer  geleuchtet habe. Parkplätze in der Tiefgarage seien durch große Limousinen blockiert worden. Die genervten Mieter wandten sich schließlich an die Vermietung. Mit Folgen: Die Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft sprach tatsächlich ein Hausverbot an die mit dem Objektschutz von Scholz’ Wohnung betrauten Polizeibeamten aus und teilte dies per Einschreiben auch der Polizei mit. Lange hielt die Entscheidung jedoch nicht. Das Polizeipräsidium griff ein. Eine sogenannte Güterabwägung kam zu dem Ergebnis: „Die Interessen der Eigentümergemeinschaft treten hinter höherwertigen Rechtsgütern und dem gesetzlichen Auftrag der Polizei zurück.“ Die Polizei werde die notwendigen Objektschutzmaßnahmen „wie bisher durchführen“. Olaf Scholz wollte sich laut dem Bericht nicht zur Sachlage äußern.