© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/21 / 25. Juni 2021

Aufwärmbecken für Politiker
Die FU Berlin ist stets zu Diensten
Oliver Busch

Nach einer zweijährigen Hängepartie war das Spiel aus: Franziska Giffey  trat kurz vor Pfingsten von ihrem Amt als Bundesfamilienministerin zurück, weil sie wußte, daß das Präsidium der FU Berlin ihr am 10. Juni einstimmig den Doktortitel aberkennen würde. Sie hätte überhaupt „nie promoviert“ werden dürfen, ruft ihr Jochen Zenthöfer in der FAZ  vom 16. Juni nun nach. Und weist damit auf den Skandal im Skandal hin, der zur „Promotionsmutter“, der am Otto-Suhr-Institut (OSI) der FU „Europa-Governance“ lehrenden Politologin Tanja Börzel führt. Ausweislich ihrer Bibliographie scheint die gefühlt im Wochentakt Sammelbände zur „Transformation“ des Nationalen herausgebende und mit ewig gleichen Textbausteinen Aufsätze bastelnde „Drittmittelkönigin“ des OSI dort dank sprudelnder Brüsseler Quellen seit 2004 eine Art Außenstelle des Presse- und Informationsamtes der EU-Kommission etabliert zu haben. Solcher Einsatz läßt wenig Zeit für Promotionsbetreuung, so daß ihr die von VroniPlag aufgedeckten 119 Plagiate in Giffeys Dissertation nicht auffielen. Genausowenig wie jener FU-Kommission, die 2019 die Arbeit überprüfte, „nur“ 27 Plagiate fand und dies milde rügte. Ihr Vorsitzender war Börzels Kollege Bernd Ladwig, ein OSI-Eigengewächs, über eine Junior-Professur ohne altmodische Habilitation 2011 auf einen Lehrstuhl gelangt. Wissenschaftlich unauffällig, aber Vertrauensdozent der grünen Heinrich-Böll-Stiftung.  

Börzel verkörpert prototypisch die Verquickung von Politik und Wissenschaft zu Lasten letzterer. Damit korrespondieren drastische Niveauabsenkungen, wie sie sich auch in den Promotionsordnungen spiegeln. Denn nach einer Sonderregelung der damals neuen Ordnung konnte Börzel Giffey ohne politikwissenschaftliches Studium als Doktorandin akzeptieren. Was den Fall der SPD-Politikerin mit dem der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock verbindet. Die durfte 2009 am Fachbereich Rechtswissenschaften der FU ihr Promotionsprojekt mit einem Master of Laws beginnen, erworben nach einem 11.000 Euro teuren einjährigen Studium an der London School of Economics und aufgrund einer Prüfung, bei der eigentlich nur durchfallen soll, wer gar kein Englisch kann. Baerbock, die sich aufgrund dieses Schmalspurstudiums später als „Völkerrechtsexpertin“ bezeichnet und auf der Webseite des Bundestags als „Völkerrechtlerin, LL.M.“ ausgeben ließ, durfte also ohne handfeste juristische Grundlagen trotzdem starten. Weil es, wie der bei der Enttarnung dieser Hochstaplerin alle Haltungsmedien mit ihren großen personellen Ressourcen blamierende Blogger Hadmut Danisch herausfand, die neue Promotionsordnung von 2007 erlaubte, ihren Au-pair-Master als „gleichwertig“ einem juristischen Staatsexamen anzuerkennen.  

Giffey, Baerbock, Börzel, Ladwig & Co. signalisieren, daß der mit der „Bologna-Reform“ eingeleitete „Abschied von Humboldt“, die ideologische Kontaminierung der Kultur- und Sozialwissenschaften vollzogen und das „Lernziel Unmündigkeit“ erreicht ist, das Universitäten zu „Aufwärmbecken für Karrieren in der Politik“ (Peter J. Brenner, Tichys Einblick vom 10. Juni 2021) deformiert hat.