© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Kein Wunschkonzert
Dänemark: Die geplante Rückführungspolitik belebt die innen- und außenpolitische Debatte
Christoph Arndt

Die dänische Sozialdemokratie arbeitet derzeit an der Realisierung eines ihrer zentralen asylpolitischen Versprechen, das sie 2019 an die Macht brachte. Teil ihrer versprochenen restriktiven Zuwanderungspolitik war die Einrichtung von Asylzentren außerhalb Dänemarks, so daß Flüchtlinge, die einen Asylantrag in Dänemark stellen, während des Verfahrens in einem Asylzentrum außerhalb Dänemarks untergebracht werden und auch bei einem erfolgreichen Antrag im Asylzentrum des Drittlandes verbleiben.

Ein entsprechendes Gesetz, das die Einrichtung von Asyl- und Aufnahmezentren in Drittländern ermöglicht, passierte Anfang Juni das Folketing. Jedoch ist die praktische Umsetzung des Vorhabens noch unklar, da die dänische Regierung noch keine verbindlichen Abkommen mit Partnerländern getroffen hat. Im Gespräch als mögliche Kooperationspartner und Ort der Asylzentren sind Ägypten, Äthiopien, Ruanda und Tunesien. 

Große Fragezeichen hinter der restriktiven Asylpolitik 

Allerdings gibt es noch keine Abkommen. Lediglich mit Ruanda gibt es zwei Übereinkünfte zur Zusammenarbeit bei Asyl und Migration, die jedoch noch kein konkretes Asyl- und Aufnahmezentrum unter dänischer Regie beinhalten. Dazu haben EU und das Uno-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) bereits juristische und humanitäre Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit der dänischen Vorhaben angemeldet.

Dennoch haben die dänischen Pläne mittlerweile Interesse in anderen europäischen Ländern geweckt, welche unter starkem Migrationsdruck stehen. So traf sich der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) Mitte Juni in Kopenhagen mit dem dänischen Migrationsminister Mattias Tesfaye, um zu prüfen, ob die asylpolitischen Lösungen Dänemarks auch für andere Länder umsetzbar sind. Dies gilt den Rückführungszentren und der Rückführungspraxis Dänemarks bei den vor kurzem eingeleiteten Abschiebungen nach Syrien. Nehammer (ÖVP) konstatierte nach einem Arbeitsgespräch mit Migrationsminister Tesfaye: „Dänemark führt mit den Plänen für Asylzentren in Drittstaaten das Asylrecht wieder auf den ursprünglichen Gedanken der Genfer Flüchtlingskonvention zurück. Denn es geht darum, daß es ein Recht auf Schutz vor Verfolgung gibt, aber kein Recht, sich das Land, in dem man leben will auszusuchen.“

Beide Politiker besuchten das Rückführungszentrum Sjælsmark, wo Menschen untergebracht sind, die kein Aufenthaltsrecht in Dänemark erhalten haben oder dies verwirkt haben. Zudem erörterten Nehammer und Tesfaye die österreichisch-dänische Kooperation in Tunesien zum Grenzmanagement, die dänischen Pläne für Asylzentren in Drittstaaten sowie die von der sozialdemokratischen Regierung eingeleiteten Abschiebungen nach Syrien, welche bereits im Frühjahr internationales Echo hervorriefen. Nehammer merkte dazu an, daß wenn es Dänemark gelänge, eine Lösung für die Zurücksendung von Flüchtlingen nach Syrien zu finden, dann sei dies auch eine gute Lösung für Österreich.

Unterdessen gibt es innenpolitischen Streit um das bestehende Rückführungszentrum Sjælsmark, welches den linken Tolerierungspartnern der regierenden Sozialdemokraten schon länger ein Dorn im Auge ist, sowie das geplante Rückführungszentrum auf der Insel Langeland als Ersatz für das Rückführungszentrum Sjaelsmark, welches ursprünglich 2020 geschlossen werden sollte. Die Regierung plante zunächst ein neues Zentrum für 130 ausgewiesene kriminelle Ausländer und Asylbewerber, mußte den Vorschlag aber nach Protest der Langeländer und dem Einknicken des örtlichen Bürgermeisters zurückziehen.

Somit verbleiben die betroffenen 130 Kriminellen in der Abschiebehaft im zweiten Rückführungszentrum Kærshovedgård auf Jütland, was seinerseits Protest auslöste, da dessen Bewohner dort Unsicherheit bei der Lokalbevölkerung erzeugen und das Zentrum laut Konservativen und Dänischer Volkspartei generell nicht für die Unterbringung von Kriminellen geeignet sei.

Damit stehen hinter der konkreten Umsetzung der restriktiven Asylpolitik der Sozialdemokraten derzeit einige Fragezeichen, auch wenn sie bereits internationales Interesse hervorgerufen hat. Es gibt noch keine abschließenden Abkommen zur Einrichtung von Asylzentren mit passenden und willigen Drittstaaten, die Tolerierungspartner der Sozialdemokraten versuchen, die restriktive Asylpolitik der Regierung zu untergraben und lokale Initiativen wollen keine Rückführungszentren in ihrer Gemeinde haben.