© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

„Eine Krise der Demokratie“
Regionalwahlen in Frankreich: Die geringe Wahlbeteiligung schwächt die politischen Lager
Friedrich-Thorsten Müller

Mit einem dramatischen Wählerschwund endete am vergangenen Sonntag auch der zweite Wahlgang der Regionalwahlen in Frankreich. Gerade einmal 34,3 Prozent der Wahlberechtigten konnten sich zum Urnengang motivieren. Vor fünfeinhalb Jahren waren es noch 58,4 Prozent gewesen. Begünstigt durch die niedrige Wahlbeteiligung konnten die beiden traditionellen Lager aus Konservativen und Linken die Stichwahl mit 37,9 und 34,8 Prozent weitgehend unter sich ausmachen. 

Gegenüber 2015 machten die Linken Boden gut, konnte sie doch 2,7 Prozentpunkte dazugewinnen, während die Rechte 2,3 verlor. In absoluten Zahlen büßten aber beide Wahlbündnisse etwa 40 Prozent der Stimmen gegenüber dem zweiten Wahlgang 2015 ein. Bei den Konservativen sank die Zahl von 10,1 auf 5,8 Millionen. Bei der Linken gingen immerhin noch 5,3 von zuvor 8,1 Millionen Wählern zu den Urnen. Marine Le Pens rechtskonservative Rassemblement National (RN) erreichte 19,1 Prozent und verlor gegenüber 2015 mehr als die Hälfte der Stimmen.

Le Pen gibt Lockdown-Politik Mitschuld an Wahlergebnis

Nur für Präsident Emmanuel Macrons liberale Bewegung La République en Marche war das Debakel noch größer: Die Partei, die im Parlament die Mehrheit hält und erstmals zu Regionalwahlen antrat, erreichte mit 1,1 Millionen Wählerstimmen gerade einmal 7,1 Prozent. Damit gingen weder Macron noch Le Pen als Sieger der Regionalwahl hervor, obwohl die beiden derzeit als die aussichtsreichsten Präsidentschaftsanwärter für die Parlamentswahlen im kommenden Jahr gelten. Herausragend bei diesen Regionalwahlen war hingegen das Ergebnis des amtierenden Präsidenten der Region Hauts de France, Xavier Bertrand, der mit 52,4 Prozent den RN-Abgeordneten Sebastien Chenu deutlich auf Abstand hielt, auf den 25,6 Prozent entfielen. Bertrand, der momentan parteilos ist, kündigte an, neben Macron und Le Pen um das Präsidentenamt kämpfen zu wollen. 

Laut Le Pen waren für das schlechte Abschneiden ihrer Partei die „schlecht organisierten Wahlen“ sowie der durch die Lockdown-Politik verhinderte Wahlkampf verantwortlich. Vor allem aber bescheinigte sie Frankreich eine „fundamentale Krise der Demokratie auf regionaler Ebene“. 

Macron wollte dem Ergebnis keine nationale Bedeutung beimessen. Ruth Elkrief vom französischen Sender BFM TV brachte das Dilemma des Präsidenten auf den Punkt: „Der Macronismus funktioniert eben nicht ohne Macron.“