© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Grüße aus … Bozen
Neue Rufe nach Freiheit
Paul Decarli

Nicht erst seit Corona ist das Thema Freiheit in Südtirol ein ganz besonders heiß diskutiertes. Seit der Annexion des Landes vor mehr als 100 Jahren durch Italien und der über Jahrzehnte andauernden faschistischen und post-faschistischen Unterdrückung und Ausbeutung schwingt in den acht Buchstaben stets ein Gefühl mit, das von Zeit zu Zeit wieder stärker aufflammt und dabei die Gemüter der mehrheitlich gesättigten Wohlstandsgesellschaft erhitzt. 

Solch einen Moment gab es nun, als der Südtiroler Schützenbund die „Tage der Freiheit“ veranstaltete. Der Zeitpunkt war bewußt gewählt, fielen dieses Jahr doch das 225. Herz-Jesu-Gelöbnis, die 75jährige Eingliederung Südtirols in den italienischen Staat nach dem Zweiten Weltkrieg und die Erinnerung an die Feuernacht vor 60 Jahren zusammen. Die Botschaft der Aktionen, die sich über eine Woche lang erstreckten, war klar, wie der Südtiroler Schützenbund vergangene Woche schrieb: „Wir können von der Vergangenheit lernen, aber die Gegenwart und die Zukunft können und müssen wir selbst gestalten – am besten gemeinsam auf allen Ebenen.“ 

Hier würde sich der altbekannte Spruch bewahrheiten: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Damit schlägt der 5.000 Mann starke Kulturverein in die seit Jahren bestehende Freiheitskerbe, welche den Ruf der Menschen in Südtirol nach mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung gegenüber dem italienischen Zentralstaat symbolisiert.

 Verständlich wird dieses Freiheitsstreben, wenn man sich die mangelnde gesetzliche Handhabe Südtirols in lokalspezifischen und zukunftsrelevanten Bereichen ansieht: Es gibt keine Möglichkeit, den Umtrieben von Wildtieren wie Bären und Wölfen Einhalt zu gebieten, welche ganze Viehherden von Bergbauern reißen. Die Anerkennung von im Ausland nach europäischen Standards ausgebildeten Ärzten, deren Anzahl in Südtirol durch den Mangel einer medizinischen Universität groß ist, hängt in vielen Bereichen vom Gutdünken des Gesundheitsministers ab. Oder die mangelnde Absicherung der Renten, welche nicht einmal auf lokaler Ebene durch eine Mindestrente geschützt sind. Diese drei Themenfelder sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

„Je länger Italien über uns bestimmt, desto länger wird das staatliche Unwesen unseren Lebensräumen Probleme bereiten und die kleinen Existenzen gefährden, wenn nicht sogar ruinieren. Hier würde sich der altbekannte Spruch bewahrheiten: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, erklärte nun der Vorsitzende der „ARGE Iatz!“ Franzjosef Roner. Es sei höchste Zeit, sich von dem „zentralstaatlichen Unwesen abzuwenden“, damit die Südtiroler ihre eigenen Lebensräume wieder „ zurückgewinnen und eigenverantwortlich gestalten“ könnten.