© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Jetzt gibt’s Kloppe
In dem ersten Megaknüller nach Wiedereröffnung der Kinos treffen King Kong und Godzilla aufeinander
Dietmar Mehrens

Daß King Kong eigentlich ein guter und kein böser Affe ist, war bereits das Fazit, das nach des Kolosses erstem Auftritt im schwarzweißen Original von 1933 zu ziehen war. Darin kümmerte sich der Riese in geradezu rührender Weise um die weiße Frau, die es auch in den deutschen Titel des Filmklassikers schaffte („King Kong und die weiße Frau“). Und wenn König Kong am Anfang seines neuesten Filmabenteuers zu den beruhigenden Klängen von Rex Garvins „Over the Mountain Across the Sea“ auf seinem Altersruhesitz Skull Island in geradezu idyllischer Pose zu sehen ist, beseitigt dies die letzten Zweifel an der wahren Natur des Monsteraffen.

Weniger Sympathiepunkte sammelte die japanische Riesenechse Godzilla in dem japanischen Horrorfilm von 1954. Mit „Panik in New York“ (1953), dem stilbildenden ersten Auftritt eines monströsen Urviechs in einem abendfüllenden Tonfilm, nahm das unheilvolle Treiben des häßlichen Ungeheuers auf den Leinwänden dieser Welt ihren Lauf. Und da das Biest ein Jahr vor dem Ur-Godzilla Amok laufen durfte, ist klar: Die ehrfurchtgebietende Echse ist eine amerikanische Erfindung, die von Japan geklaut wurde. Nur fair also, daß Godzilla 1998 wieder in New York an Land ging, um alles kurz und klein zu schlagen. Der Werbeslogan „Size does matter“ („Auf die Größe kommt es an“) wurde zum geflügelten Wort und verankerte Godzilla im kollektiven Gedächtnis der Internet-Generation, die mit dem 3D-Godzilla von 2014 einen Neuaufguß serviert bekam, der den technischen Möglichkeiten ihres Zeitalters entspricht.

Der Film gleicht dem Besuch eines Erlebnisparks

Godzilla und King Kong sind also längst Kino-Ikonen, die in immer neuen Versionen auf den Leinwänden der ganzen Welt bereits beträchtlichen Schaden anrichten durften. Mit „Alien vs. Predator“ (2004) und „Batman v Superman“ (2016) ist Hollywood in der Vergangenheit schon öfter der Spekulation auf den Leim gegangen, bei einem Gipfeltreffen der Filmtitanen müßten zwangsläufig auch die Einspielergebnisse zu einem neuen Gipfelsturm ansetzen. Aber man kann es ja noch mal versuchen, sagten sich Warner Bros. und schickten Adam Wingard in den Regiestuhl für „Godzilla vs. Kong“. 

Der macht die Frage „Hat Godzilla seine Meinung geändert?“ zu einem zentralen Motiv seines Films. Denn wie sein Kollege von den Primaten hatte auch das Riesenreptil sich zuletzt durchaus domestizierbar gezeigt. Plötzlich aber läuft Godzilla wieder Amok und schlägt allerhand entzwei, darunter scheinbar willkürlich Forschungseinrichtungen überall auf der Welt. Der Gigantenkonzern Apex bittet Titanenflüsterin Ilene Andrews (Rebecca Hall) um Hilfe. Sie soll Kong dazu bringen, eine Reise zum Mittelpunkt der Erde anzutreten. Der Affenkönig soll eine von Dr. Andrews angeführte Forschungsexpedition zum magischen Gammastrahl führen, der die Monsterprobleme lösen kann. Mit der Darstellung des von Jules Verne inspirierten Phantasiereichs im Erdinnern erreicht der Film seinen spektakulären visuellen Höhepunkt, und man fühlt sich wie in einem Land vor unserer Zeit.

Wie bei früheren Versuchen dieser Art wirkt das Drehbuch (Eric Pearson, Max Borenstein) wie um eine vorher festgelegte Idee herumgeschrieben. Den Gesetzen der Logik muß hier nichts folgen. Der Film gleicht eher dem Besuch eines Erlebnisparks als einer stimmigen Erzählung.

Bei aller Kritik muß jedoch eingeräumt werden, daß King Kong gegen Godzilla, von dem zu erwarten ist, daß er der erste große Kassenschlager nach der Öffnung der Filmtheater wird, ein durchaus würdiger Beitrag zum vorläufigen Ende des Covid-Dramas ist. Denn die Tod und Vernichtung bringenden Filmmonster sind geradezu wohltuend im Vergleich zu den kleinen Ungeheuern, die Deutschland anderthalb halbes Jahre in Angst und Schrecken versetzt haben. So schrieb die Süddeutsche Zeitung in ihrer Filmkritik: „Eine intellektuelle Überbeanspruchung des pandemisch-labilen Gehirns steht nicht zu befürchten.“

Auch King Kong und Godzilla sind zwar brandgefährlich und haben das Zeug, ganze Metropolen lahmzulegen, aber sie sind dröhnend laut, mit bloßem Auge erkennbar und ziemlich leicht ins Visier zu nehmen. Außerdem dürfte die finale Schlacht zwischen den beiden Giganten und einer menschengemachten Mutante sich bestens dafür eignen, in den vergangenen Monaten angestaute Aggressionen und Frustrationen abzureagieren. Denn eines ist klar: Wenn Godzilla auf King Kong trifft, dann gibt’s Kloppe.