© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Blick in die Medien
Corday kämpft
Tobias Dahlbrügge

Die Wahlberlinerin Charlotte „Corday“ sieht die größte Gefahr ideologischer Indoktrination Jugendlicher durch „Influencer“ in den sozialen Medien. Um dazu ein weiteres Gegengewicht zu bilden, hat die junge Sozialarbeiterin im vergangenen Jahr einen eigenen Youtube-Kanal gestartet, der schlicht „Charlotte Corday“ heißt. Ihr Pseudonym hat sie sich von einer historischen Kämpferin gegen das Terrorregime der Jakobiner geliehen.

Die brünette Brillenträgerin spielt mit einem naiv-nerdigen Charme und beginnt ihre 15- bis 30minütigen Videos stets mit einem schlicht entzückenden „Guten Tag“. Sie spricht schnell, eloquent und elaboriert. Den Impuls zum Start ihres eigenen Kanals gab ihr der altkluge Bengel Rezo, auf dessen Geschwall sie sich mit einer angemessenen Antwort nicht länger zurückhalten konnte.

Rezos „realitätsferner Schwachsinn“ ist eines ihrer Lieblingssujets, daneben seziert und verreißt sie Gender-Quark à la „funk“, macht sich über die affige „Privilegien“-Debatte lustig („Opfer-Olympiade“) oder rechnet mit den „Patriarchat!“-Phantomschmerzen von Feministinnen ab.

Einer Partei gehört sie nicht an, dafür sei sie „zu individualistisch“ eingestellt.

Das tut sie mit sichtbarer Herzenslust und mit offenem Visier. Ob sie keine Angst vor Antifa-Terroristen hat? Sie hoffe, daß die keine Frauen schlagen, kokettiert sie im Interview mit dem Kanal „Herrenrunde“.

Sie spielt mit dem Etikett „rechts“, das ihr längst angeheftet wurde, und stellt sich ironisch selbst als „weiße cis-schl***, die sich über marginalisierte Einzelpersonen ausläßt“, vor. Tatsächlich beschreibt sie ihre politische Einstellung als „rechts-liberal mit Sympathien für libertäre Ideen“. Einer Partei gehört sie allerdings nicht an, dafür sei sie „zu individualistisch“, erklärt sie. Ihr Zukunftsziel: „Noch Kinder haben.“

Daß ihre Videos einem solide recherchierten Script folgen, tut der Performance gut: Ihre Vorträge sind flüssig und stringent, da kann sich so manch dilettantisch stammelnder Youtuber etwas abschauen. Diese Qualität wird honoriert: Die Klickzahlen ihrer Beiträge sind ordentlich und über zehntausend Abonnenten nach einem Jahr ebenfalls vorzeigbar.