© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Meldungen

Am Narrativ des sicheren Kaiserreichs nagen 

BONN. Das Wilhelminische Kaiserreich in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gilt gemeinhin als Hort der gesellschaftlichen Ruhe und Sicherheit. Dem freilich setzt der Historiker Amerigo Caruso von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn nun ein anderes „Narrativ“ entgegen. Wie er in seiner Studie „Blut und Eisen auch im Innern – Soziale Konflikte, Massenpolitik und Gewalt in Deutschland vor 1914“ nachzuweisen versucht, seien „Bedrohungskommunikation, Unsicherheitsgefühle und medialisierte Gewalt“ seinerzeit ständig präsent gewesen. Dies las Caruso vor allem aus Pressemeldungen von damals heraus, in denen den Arbeitern unter anderem „Streikterrorismus“ vorgeworfen wurde (Pressemitteilung der Universität Bonn vom 11. Juni 2021). Darüber hinaus verweist er auf das Entstehen eines neuen Marktes für private Sicherheit: Wachgesellschaften und Detektivagenturen nach US-amerikanischem Vorbild seien wie Pilze aus dem Boden geschossen und oftmals eben auch gegen Streikende eingesetzt worden. Gleichzeitig muß Caruso aber zugeben, daß diese Privatisierung von staatlichen Ordnungsfunktionen letztlich nicht zu nennenswerten Übergriffen oder sozialen Turbulenzen geführt habe. (ts)

 www.uni-bonn.de





Verwandte Wikingerkrieger in Oxford und Dänemark

PARIS. Es kommt höchst selten vor, daß Archäologen Überreste von einfachen Menschen aus dem Mittelalter, die in engeren Verwandtschaftsbeziehungen standen, an weit voneinander entfernt liegenden Orten finden. Eine derartige Entdeckung gelang jetzt Wissenschaftlern vom Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen: Nach DNA-Analysen der Knochen eines im Alter von etwa 25 Jahren zu Tode gekommenen Wikingers, welche aus einem Massengrab in Oxford stammen, und Skelettresten eines Wikingers von Mitte 50, die man in Dänemark ausgegraben hat, steht fest, daß der Ältere entweder der Onkel oder der Großvater des Jüngeren gewesen war, sofern es sich nicht um Halbbrüder handelte (Online-Meldung von Agence France-Presse vom 19. Juni 2021). Beide Männer gehörten wohl dem Kriegerstand an, wie die zahlreichen Verletzungsspuren an den Knochen zeigen, und starben vor rund tausend Jahren. Der Jüngere könnte bei einem Raubzug der Wikinger gegen England getötet worden sein. Oder in der Nacht vom 12. zum 13. November 1002, als überall in England Hunderte Nachfahren von dänischen Siedlern massakriert wurden, weil der paranoide König Æthelred der Unfertige annahm, daß diese sich gegen ihn verschworen hätten. (ts)

 www.afp.com





Erste Sätze

Der prähistorische Mensch, dessen Leben aus einem ununterbrochenen Kampf gegen die feindliche Umwelt bestand, betrachtete akut auftretende Infektionskrankheiten wahrscheinlich als fremdes Wesen, das einen plötzlich – wie ein wildes Tier – „befallen“ kann.

Stefan Winkle: Die Geschichte der Seuchen, München 2021





Historisches Kalenderblatt

3. Juli 321: Das von Kaiser Konstantin dem Großen im März verfügte Dekret, im gesamten Römischen Reich den „Dies solis“, den Sonntag, als allgemeinen Ruhetag zu begehen, wird erstmals umgesetzt. Nur dringende landwirtschaftliche Arbeiten sollen gestattet bleiben.