© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/21 / 02. Juli 2021

Leserbriefe

Zu: „Ein Sieg für die Freiheit“ von Dieter Stein, JF 26/21

Eine menschliche Enttäuschung

Bis vor kurzem hielt ich Herrn Reul für einen honorigen Politiker. Bei seinem Amtsantritt als NRW-Innenminister hat er im Gegensatz zum Raffzahn Martin Schulz (SPD) ihm noch zustehende EU-Gelder nicht für sich in Anspruch genommen. Die innere Sicherheit in NRW schien er deutlich ernster zu nehmen als sein SPD-Amtsvorgänger Jäger, ein absoluter Totalversager. Reuls DDR-SED-typisches Verhalten gegenüber der JF läßt ihn für mich nun aber in Merkels linker Antifa-Schublade landen. 

Carsten Zöllner, Berlin




Meine Bitte wird zumeist abgelehnt

Hierzu und zu Ihrem 35jährigen Jubiläum eine persönliche Geschichte: Bis zu meiner Pensionierung 2016 war ich Beamter im polizeilichen Staatsschutz. Vor knapp sieben Jahren flatterte ein Fernschreiben des Bayerischen Landeskriminalamts auf meinen Tisch, in dem stand, daß in verschiedenen Polizeidienststellen in Hamburg Flyer der JF aufgetaucht seien, in denen Probe-Abos angeboten wurden. Im weiteren wurde verkündet, es handle sich bei der JF laut Verfassungsschutz um ein rechtsextremistisches Blatt. Es wurde um Ermittlungen im eigenen Zuständigkeitsbereich gebeten, ob die Flyer auch noch in anderen Polizeidienststellen ausgelegt wurden. 

Dieses Fernschreiben erweckte meine Neugier und ich googelte die JF. Da auch dort das Angebot eines zeitlich begrenzten kostenlosen JF-Abos angeboten wurde, nahm ich dies auch wahr. Wie war ich aber erstaunt, als ich das erste Exemplar in Händen hielt und die ersten Artikel gelesen habe. Kein braunes Zeitungspapier, keine altdeutsche Schrift, keine Bilder mit glatzköpfigen Männern oder Frauen mit langen blonden Zöpfen, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Dagegen hochintelligente Artikel, von denen ich manche zwei und drei Mal las, nicht weil ich den Inhalt nicht verstanden hätte, sondern weil sie zum einen in einem auch für Nichtexperten leicht verständlichen und vor allem hervorragenden Deutsch geschrieben waren und zum anderen, weil ich mich mit dem Inhalt voll und ganz identifizieren konnte. Ich nahm die Zeitungen mit auf die Dienststelle und gab sie den Kollegen zu lesen. Schon bald war die Nachfrage nach „meiner“ JF größer als die nach der von der Dienststelle abonnierten Süddeutschen Zeitung. 

Nur der Dienststellenleiter hatte etwas dagegen. Auf vielfachen Wunsch meiner Kollegen brachte ich sie dennoch mit, gab sie aber nicht mehr offen weiter. Zu meinem dienstlichen Aufgabenbereich gehörte auch das Recherchieren von Zeitungsartikeln mit politischem Inhalt. Ich habe alle Zeitungen des „Mainstreams“ lesen müssen ... Doch seit dem Probeabo der JF habe ich diese fest abonniert und es noch keinen Tag bereut. Seit fünf Jahren bin ich nun in Pension. Immer wieder kontaktieren mich die ehemaligen Kollegen und trauern der Zeit nach, in der ich die JF mit ins Büro brachte. Meine Bitte, diese doch selbst zu abonnieren, wird zumeist mit dem Argument abgelehnt, es werde laut Dienststellenleitung nicht gerne gesehen, wenn polizeiliche Staatsschutzbeamte derartige „rechtspopulistische“ Zeitungen lesen. Ein Kollege, der Compact im Abo hat und auch schon auf der Dienststelle ausgelegt hatte, wurde abgemahnt. Die Kollegen haben einfach Angst, es könnte sich bei Bekanntwerden des Lesens oder gar des Abonnements einer „rechten“ Zeitung dies in der Beurteilung niederschlagen. So wurde es zumindest angedroht. Oft kommen Kollegen vorbei, denen ich dann einige Exemplare der JF mitgebe. Inzwischen bekomme ich sie nicht mehr zurück, weil sie nämlich vom einen zum anderen weitergegeben werden.

Helmut Weber, Nürnberg






Zum Schwerpunktthema: „Der grüne Mythos welkt“, JF 26/21

Beängstigend grundloses Selbstvertrauen

Das Klima Deutschlands, Europas, der ganzen Welt wird Annalena Baerbock nicht retten, noch gar die Schöpfung, wie manche in ihren Tagträumen glauben, für die nachwachsenden Generationen bewahren. Dafür reicht ein flottes Mundwerk nicht, das schnell, und authentisch wie der grinsende Quasselautomat in „Verstehen Sie Spaß“, kaum belastbare Sätze und Thesen raushaut. Baerbock leidet daran, daß sie – grundlos – über zu viel Selbstvertrauen verfügt, und ihr Wissen und Können damit nicht annähernd Schritt halten. Wer glaubt der Frau, die nicht in der Lage ist, eine wochenlang vorbereitete Rede frei zu halten, und fehlerhaft, ohne innere Beteiligung vom Teleprompter abliest, ein Buch über ihr eigenes Leben und das sozialistisch-dirigistische Parteiprogramm der Grünen nicht ohne Ghost-writer selbst zu schreiben vermag, sich in wenigen Tagen über eigene Fehler mal „tierisch“ ärgert, mal „Mist“, mal „Scheiße“ sagt, die Befähigung zu besitzen, ein Land zu führen oder zu „erneuern“ – was immer sie damit meint? Mir schwant nichts Gutes! Es genügt nicht, daß sie mit sich „gemeinsam“ beschlossen hat, Kanzlerin zu werden.

Werner Heinrich, Reutlingen






Zur Meldung: „CDU lehnt CDU-Antrag gegen Gender-Sprache ab“, JF 26/21

Die Ausweitung der Fußgängerzone

Wenn zwei das gleiche tun, ist es das noch lange nicht dasselbe. Was der hessischen AfD-Landtagsfraktion mit ihrem „über weite Strecken wortgleiche(n)“ Antrag widerfuhr, erlebt man auch auf Kreisebene. In einem Artikel der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung begründet der Rendsburger Landrat Dr. Rolf-Oliver Schwemer den Verzicht des Gendersternchens in Kundgaben seines Hauses mit dem geringen Zuspruch im Volk und der Empfehlung einer Sprachgesellschaft. Seine Begründung aber, daß sich „einige Menschen diskriminier(t)“ fühlen, weil sie „gerade die Sprache lernen“, dünkt einen liebesdienerisch. Trotzdem will der Landkreis „geschlechterneutrale Formulierungen“ wählen. Also „Mitarbeitende“ statt „Mitarbeiter“, wo unumgänglich „Bürgerinnen und Bürger“. Er übersieht, daß der wertfreie Ausweg über das (pluralische) Partizip Präsens verschlossen ist, wenn man von Einzelnen spricht, dann geht nur das umständliche „eine Mitarbeitende und ein Mitarbeitender“. Man darf sich fragen, ob er folgerichtig „ein Fußgänger“ in „eine zu Fuß Gehende und ein zu Fuß Gehender“ umwandeln will.

Jens Görtzen, Rendsburg






Zu: „Bevölkerung stagniert erstmals seit 2011“, JF 26/21

Den demographischen Überblick verloren

Mit der Überschrift „Bevölkerung in Deutschland geht zurück“ schaffte es die Meldung auf die Titelseite der FAZ (22. Juni 2021). Etwas zurückhaltender formuliert es hier die JF. Beide Blätter zitierten das Statistische Bundesamt in Wiesbaden, das zum Jahresende 2020 in Deutschland 83,2 Millionen Einwohner ermittelte. Das Statistische Bundesamt (StBA) ist eine deutsche Bundesoberbehörde und untersteht dem Bundesministerium des Inneren. Die veröffentlichten Zahlen des StBA dienen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vielfach als verläßliche Grundlage weitreichender Entscheidungen. Auch die Vereinten Nationen (UN) verfolgen die Bevölkerungsentwicklung. Nicht nur weltweit, sondern in jedem einzelnen Land. So auch für Deutschland. Zur Jahresmitte 2020 wurde die deutsche Einwohnerzahl bereits auf 83.783.942 Personen geschätzt. Ein Anstieg um 266.897 Einwohner gegenüber dem Vorjahr oder um 0,32 Prozent. Die Website „Worldometer“ die von zahlreichen Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehstationen sowie Regierungen für die weltweite Verfolgung der Corona-Pandemie genutzt wird, hat die Einwohnerzahl für Deutschland Ende 2020 basierend auf der UN-Statistik mit 83,9 Millionen Einwohnern beziffert. Für den 25. Juni 2021 nennt Worldometer sogar eine Einwohnerzahl von 84,046 Millionen. Das wäre weder eine Stagnation und schon gar kein Rückgang der Bevölkerung, sondern ein gar nicht so unerheblicher Zuwachs.

Rudolf Jansche, Wilhelmsfeld






Zu: „Was nicht auf Linie liegt, wird ignoriert“ von Paul Leonhard, JF 25/21

Mit Fuchsberger gefachsimpelt

Selbst habe ich im Juli 1957 an einem Fallschirmspringerlehrgang an der damaligen Springerschule der US-Amerikaner in München teilgenommen. Die im Artikel erwähnte Schule in Altenstadt gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Mein damaliger Inspektionschef war Hauptmann Donth (mit Zigarre). Heute, inzwischen 89 Jahre alt, denke ich noch gerne an diese Zeit zurück. Der Fallschirmtruppe habe ich bis zum 4. Oktober 1966 (letzter Sprung) angehört. Ohne Kameradschaft, Zugehörigkeitsgefühl und unbedingtes Vertrauen in die Vorgesetzten geht es nicht. Traditionspflege gehört speziell bei dieser Truppe dazu. Hierzu noch eine persönliche Anmerkung: Seinerzeit gehörte ich der Luftlande-Pionier-Kompanie in München an. In dieser Zeit (Anfang 1958) wurde in München der Film „Die grünen Teufel von Monte Cassino“ gedreht, zu dem unsere Kompanie Komparsen gestellt und logistische Unterstützung geleistet hatte. Dabei hatte ich mehrmals die Gelegenheit, mich mit dem Hauptdarsteller Joachim Fuchsberger zu unterhalten, der ja der vormaligen Fallschirmtruppe kurzzeitig angehört hatte. Zur anschließenden Uraufführung des Films in München war die gesamte Kompanie eingeladen. Vielleicht wäre der Film auch heute eine sinnvolle Ergänzung zu der Ausstellung.

Otto Hohndorf, Speyer






Zu: „Mehr Grund als Napoleon“ von Lothar Höbelt, JF 25/21

Verteidigung mit Friedrich dem Großen

„Angreifer ist, wer seinen Gegner zwingt, die Waffen zu erheben.“ So ein Wort Friedrichs des Großen. Wenn es zutrifft, daß die deutsche Wehrmacht einem unmittelbar bevorstehenden sowjetischen Angriff zuvorgekommen ist und nur so ein Durchmarsch der Roten Armee verhindert werden konnte, dann wäre die Sowjetunion der Angreifer und unsere Geschichte neu zu schreiben. Dann wäre der deutsche Angriff als mutiger Versuch zu werten, Deutschland und Europa vor der Gewaltherrschaft Stalins und den Tod im Gulag zu retten. Dann würden heute nicht die Helden der Roten Armee verehrt, sondern die Veteranen der Wehrmacht. Dann wäre es ein Gemeinplatz, daß die Rote Armee der bewaffnete Arm eines verbrecherischen Systems war, das bis Juni 1941 schon 27 Millionen Menschen ermordet hatte und bis 1953 weitere 28 Millionen umbringen sollte. Da aber für „den Westen“ die Zerschlagung Deutschlands absoluten Vorrang hatte und eine Befreiung von Stalin und Gulag nicht angestrebt wurde, verhalfen die USA dem Bolschewismus zum Sieg und überließen ihm halb Europa. Wenn die Präventivkriegsthese stimmen sollte, dann bestünde Deutschlands Versagen vornehmlich darin, nicht auf eine reale Befreiung und ein Befreiungsnarrativ gesetzt zu haben, sondern durch seine Art von Gewaltherrschaft das Sowjetsystem legitimiert zu haben.

Dr. Lothar Karschny, Krefeld





Nur Kanzlerin Merkel sprach von Angriff

Die Gedenkfeierlichkeit im Deutschen Bundestag zum 80. Jahrestag des Angriffs der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion stand über Parteigrenzen hinweg in einer einmaligen Einheitlichkeit der Bewertung dieses schicksalsschweren Ereignisses als „Überfall“. Die DDR-Führung fügte vormals diesem Begriff noch das Adjektiv „überraschend“ und „friedliebend“ für die Sowjetunion (SU) hinzu. Zu den abgehaltenen Gedenkfeierlichkeiten hatten auch nahezu alle Medien nur einheitlich den Begriff des „Überfalls“ im Repertoire. Lediglich Kanzlerin Merkel sprach am 19. Juni von einem Angriffskrieg, was der Realität näher kommt. 

Zur Erinnerung: Nach Unterzeichnung des geheimen Zusatzprotokolls im Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 marschierte die Rote Armee vereinbarungsgemäß vom Osten her nach der deutschen Wehrmacht in Polen ein. Am Bug wurde eine gemeinsame deutsch-sowjetische Siegesparade abgehalten. Die Westmächte erklärten aber nur dem Deutschen Reich den Krieg. Schon im November 1939 erklärte die SU Finnland den Krieg und annektierte große Gebiete Kareliens. Im Juni 1940 marschierte die Rote Armee in Estland, Lettland und Litauen ein, um anschließend dem rumänischen Staat die Nordbukowina und Bessarabien zu entreißen. Als dann im November 1940 der sowjetische Außenminister Molotow in Berlin vorsprach und weitere Einfußgebiete vom Balkan bis zur Türkei beanspruchte, ließ Hitler das „Unternehmen Barbarossa“ erarbeiten. Von da an erfolgte auch die massive Truppenpräsenz der Roten Armee an der sowjetischen Westgrenze zu Deutschland, wie es auch NVA-Generalmajor a.d. Bernd Schwipper in seinem Buch („Deutschland im Visier Stalins“) beschreibt. Dieser folgte die heimliche Mobilmachung unter der Tarnung als „Große Lehrübung“. Dieser gigantische Aufmarsch blieb der deutschen Heeresführung nicht verborgen. So begann daraufhin mit mehr oder weniger Tarnung auch die deutsche Truppenverlegung an die Ostgrenze des Reiches. 

Was also unterscheidet den Überfall vom Angriff? Der erste israelische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland Asher Ben-Natan drückte es bezüglich des israelischen Erstschlages im Sechstagekrieg so aus: Es kommt nicht darauf an, wer zuerst geschossen hat, sondern was diesem ersten Schuß vorausgegengen ist. Wer unter Beachtung der bekannten Vorgeschichte weiterhin uneingeschränkt von einem Überfall spricht, möchte, daß die Aura Stalins als dem großen Friedensfürst weiterhin im hellen Glanz der Geschichte erstrahlt.

Friedrich Patzelt, Gera