© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/21 / 09. Juli 2021

Bundeswehr zieht aus Afghanistan ab
Würdeloser Empfang
Christian Vollradt

Nein, am Hindukusch wurde nicht Deutschlands Sicherheit verteidigt. Ja, der „vernetzte Ansatz“, diese hochtrabende Idee, im Zusammenwirken von militärischen und zivilen Mitteln in Afghanistan Stabilität, Sicherheit und Frieden zu schaffen, ist gescheitert. Ist es darum also nur konsequent und richtig, daß nach dem abrupten Abzug der Bundeswehr die letzten zurückgekehrten Soldaten bei ihrer Ankunft auf dem Fliegerhorst unter sich blieben? Daß sie kein Mitglied der Bundesregierung, keiner jener Volksvertreter, von denen die Parlamentsarmee in den Einsatz entsandt wurde, in der Heimat offiziell in Empfang nahm?

Nein! Schließlich sind nicht die Soldaten schuld daran, daß Berlins Politik in Kabul und Kundus ein teurer Fehlschlag war. Im Gegenteil. Die Bundeswehr hat sich dort erstmals in Gefechten bewähren müssen. 35 Gefallene und viele weitere an Leib und Seele Verwundete sind ein hoher Preis. Der wird mit der fast heimlichen Rückkehr des letzten Kontingents noch einmal symbolisch entwertet. Rituale und Zeremonien gehören zum militärischen Selbstverständnis. Und sie haben in jedem normalen Land ihren Platz in der Öffentlichkeit. Als ein sichtbares Zeichen für Taten und Entbehrungen, die mit Schecks oder Gefahrenzulage nicht ausreichend gewürdigt werden können. Der schofelige Umgang von Kanzleramt und Bendlerblock mit den Rückkehrern in Uniform bekräftigt regierungsamtlich jenes „freundliche Desinteresse“ der deutschen Zeitgenossen an ihrer Truppe.