© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/21 / 09. Juli 2021

Grüße aus … London
Offensiv für die Kunstfreiheit
Derek Turner

Die in Großbritannien lebende Textilkünstlerin Jess de Wahls hat jüngst einen wichtigen Sieg in Sachen Kunstfreiheit errungen. Die einfallsreichen Stickereien der gebürtigen Berlinerin drückten schon immer ihre radikalfeministische Überzeugung aus und sendeten Botschaften über Umweltschutz, Armut und Rassismus. Man sollte meinen, solche Ansichten sicherten ihr Immunität gegen Kritik von Seiten der Verfechter Politischer Korrektheit. Doch de Wahls wagte es 2019 in den Sturm hineinzusegeln und veröffentlichte auf ihrem Blog einen Essay mit dem Titel „Somewhere over the rainbow, things went terribly wrong“ („Irgendwo über dem Regenbogen ist etwas gewaltig schiefgelaufen“).

Darin beharrte sie auf ihrer Meinung, daß es – mit Ausnahme seltener medizinischer Erkrankungen – nur zwei Geschlechter gebe. Sie lehnt jegliche „Trans“-Begriffe ab und vergleicht die heutige Moralpolizei mit der Stasi. Für sie steht die Biologie über Gefühlen. Zumal eine Abkehr vom körperlichen Geschlecht ihrer Ansicht nach Schutzvorkehrungen wie die Unterteilung von Toiletten in Damen und Herren oder die Position von Frauen im Sport schwächen würde. Die Künstlerin hat kein Interesse daran, ihren Kritikerin gegenüber heuchlerische Beteuerungen zu leisten.

Der Begriff „TERF“ ist Teil eines bösartigen Wortkriegs im Streit um die Rechte von Transsexuellen.

Dafür erntet sie von Verfechtern der Politischen Korrektheit tiefen Haß, die sie als „TERF“ bezeichnen. Der Begriff steht für „trans-exkludierende radikale Feministin“ und meint jene Frauen, die wie de Wahls oder die australische Autorin Germaine Greer auf einen biologischen Geschlechterbegriff pochen. Er ist Teil eines bösartigen Wortkriegs im Streit um die Rechte von Transsexuellen. „Keine Kontroverse“, so schrieb de Wahls, „wird mich davon abhalten, mich öffentlich zu diesem Thema zu äußern, auch wenn es meinen Möglichkeiten als Künstlerin abträglich sein könnte.

Diese Standhaftigkeit erwies sich bereits wenig später als prophetisch. Die Londoner Kunsthochschule Royal Academy of Arts (RA) verfiel nach einer Beschwerde von acht Personen in Panik und entfernte die Werke der Deutschen aus ihrem Geschenkladen. Nachdem die RA dies auf Instagram verkündete, erreichten De Wahls zudem zahlreiche Haßnachrichten. Doch statt sich zu entschuldigen, ging De Wahls in die Offensive und drohte der Kunsthochschule mit einer Klage. Diese war schockiert von der Gegenwehr und entschuldigte sich für ihr Vorgehen. „Wir haben unsere wichtigsten Werte verraten – die Meinungsfreiheit“, teilte die RA mit. Im Geschenkladen sind de Wahls Werke bislang aber noch nicht wieder erhältlich. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die lange Geduld mit häßlichen politisch-korrekten Mustern jeglicher Art ein Ende findet.

 www.jessdewahls.com