© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/21 / 09. Juli 2021

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

In Richard Wagners Schrift „Die Kunst und die Revolution “ von 1849 findet sich dieser symphatische Gedanke: Um die Öffentlichkeit gegenüber der Kunst „völlig frei und unabhängig“ zu machen, müßte das Publikum „unentgeltlichen Zutritt zu den Vorstellungen des Theaters haben“. Der Sozialrevolutionär Wagner war beseelt von dem Wunsch, Volksfestspiele wie im antiken Griechenland zu schaffen, zu deren Aufführungen auch der freie Eintritt gehörte. Auf diese Vision beziehen sich nun die diesjährigen Bayreuther Festspiele – den Corona-Maßregelungen gehorchend. Weil nur 911 Plätze im Zuschauerraum besetzt werden dürfen und damit etwas weniger als die Hälfte der sonst üblichen knapp 2.000, werden zwischen dem 26. Juli und dem 24. August zahlreiche aktuelle und auch zuletzt aufgeführte Produktionen digital kostenfrei zu erleben sein. Neben Frank Castorfs „Ring“-Produktion aus dem Jahr 2013 stehen diese Inszenierungen auf dem Online-Programm: Barrie Koskys „Meistersinger von Nürnberg“ (ab 26. Juli für zwei Tage und dann noch einmal ab 24. August), Yuval Sharons „Lohengrin“ (ab 31. Juli), Tobias Kratzers „Tannhäuser“ (ab 2. August), Katharina Wagners „Tristan und Isolde“ (ab 9. August) sowie Uwe Eric Laufenbergs „Parsifal“ (ab 10. August). Weitere Informationen unter www.festspiele-online.de

Aus Mitleid mit dem reichen Künstler Damien Hirst mußte ich beinahe ein Tränchen verdrücken.

Der britische Maler, Bildhauer, Konzeptkünstler und Kurator Damien Hirst (56) gilt mit vielen hundert Millionen Dollar Nettovermögen als einer der reichsten Kunstschaffenden der Gegenwart – und hat doch ein Luxusproblem. In einem Spiegel-Gespräch (Ausgabe vom 3. Juli) erklärte er jetzt: „Das Irre ist, selbst wenn du viel Geld hast, gibt es immer noch Dinge, die dur dir nicht leisten kannst. Ich bin reich, aber ich könnte mir von all meinem Geld nur zwei oder drei Picassos leisten.“ Nun, an dieser Stelle mußte ich aus Mitleid beinahe ein Tränchen verdrücken. Trotzdem: Sein jüngster Bilderzyklus mit Kirschblüten („Cherry Blossoms“), wie er seit dieser Woche und bis zum 2. Januar 2022 in der Fondation Cartier in Paris ausgestellt ist, hat mich emotional gepackt. Die Serie umfaßt 107 großformatige Gemälde, die den Betrachter einhüllen „in eine weite, florale Landschaft, die sich zwischen Figuration und Abstraktion bewegt“, wie es auf der Netzseite des Pariser Museums für zeitgenössische Kunst heißt (www.fondationcartier.com). Allein, wer kann sich schon ein Bild von Damien Hirst leisten? Ego non.


Apropos Geld: Laut der soeben aktualisierten Instagram Rich List verdient der portugiesische Fußballer Cristiano Ronaldo 1,6 Millionen US-Dollar – pro Werbebeitrag auf dem Social-Media-Kanal, wohlgemerkt. Das britische Unternehmen Hopper HQ dokumentiert in dieser jährlichen Übersicht, wieviel die erfolgreichsten Influencer über Instagram pro Post verdienen. Relevante Bezugsgröße ist dabei die Anzahl der Follower; im Fall Ronaldo sind es über 300 Millionen. Der 36jährige Unsympath verdrängte damit US-Schauspieler Dwayne „The Rock“ Johnson von Platz eins der Reichenliste. Ronaldo sei es gegönnt – doch wie war das noch gleich mit dem Turbokapitalismus? Verrückte Welt.