© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/21 / 09. Juli 2021

Berlins geplatzte Global-Governance-Träume
Stärkere nationale Alleingänge
(dg)

Multilateralismus ist das Zusammenwirken von mindestens drei Staaten in ihrer Außenpolitik. Für das seit 2013 SPD-geführte Auswärtige Amt, das als Antwort auf Donald Trumps „America First“-Strategie mit Frankreich 2019 eine „Allianz für den Multilateralismus“ ins Leben rief, ist diese Politik zugleich Inbegriff einer „regelbasierten, liberalen“, von Freihandel und internationaler Kooperation bestimmten Weltordnung, die bis zu Trump die USA garantiert hätten. Obwohl mit Joe Biden nun wieder ein „überzeugter Anhänger des Multilateralismus“ ins Weiße Haus eingezogen ist, zweifeln deutsche Politikbeobachter wie Andrea Rotter (Hanns-Seidel-Stiftung) an einem Comeback des multilateralen Systems, weil die USA aufgrund globaler Machtverschiebungen zugunsten „autokratischer Akteure“ kein unangefochtener Hegemon mehr sein könnten (Politische Studien, 496/2021). Zugleich habe die Covid-19-Pandemie, wie Johannes Varwick, als „Atlantiker“ und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sicherheitspolitik (Bonn) desillusioniert bedauert, „Tendenzen zu nationalen Alleingängen“ verschärft. „Global-Governance-Träume“, denen Berliner Diplomaten immer noch gern nachhingen, seien daher unrealistischer denn je, und auch die viel strapazierte „Idee des Kosmopolitismus“ werde „absehbar nicht populärer“. 


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