© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/21 / 09. Juli 2021

Umwelt
Gefahren im Heimaturlaub
Paul Leonhard

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach empfiehlt wegen der indischen Variante des Coronavirus (B.1.617.2) auch Impfungen von Kindern. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hält dies wegen möglicher Langzeitschäden weiterhin für zu riskant. Nur 12- bis 17jährige mit Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes oder Lungenerkrankungen sollten deshalb mit Covid-19-Vakzinen geimpft werden. Die 18 Stiko-Mitglieder sind dennoch keine „Querdenker“ – sie mahnen beispielsweise Impfungen gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) an. Denn in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, Sachsen und Thüringen haben sich infizierte Zecken ausgebreitet. Voriges Jahr sind auch Teile des Saarlandes, von Rheinland-Pfalz und Niedersachsen hinzugekommen – 169 Kreise sind nun FSME-Risikogebiete. Selbst die Sicherheit der Berge erweist sich laut Robert-Koch-Institut als trügerisch: Virusinfizierte Zecken wurden inzwischen auch in Höhen von 500 bis 800 Metern gefunden.

Die eingewanderte Hyalomma-Zecke erkennt Warmblüter, verfolgt sie dann über mehrere hundert Meter.

2020 ist die Zahl der gemeldeten schweren FSME-Fälle auf 704 angestiegen. Bei der Borreliose, die mit Antibiotika bekämpft werden muß, stieg die Fallzahl auf 14.187. Beides hängt auch mit Corona zusammen: Da Fernreisen entfielen, waren die Deutschen mehr in ihrer Heimat unterwegs. Aber der Vormarsch von Auwald-Zecke und Holzbock sind nicht die einzige Gefahr. Die Hyalomma-Zecke besitzt sogar einen Jagdinstinkt. Sie erkennt Warmblüter auf Distanzen von bis zu zehn Metern und verfolgt sie über mehrere hundert Meter. Diese aus dem Süden eingeschleppte Zeckenart kann das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber (CCHF) sowie eine Form des Fleckfiebers übertragen. Die Stiko empfiehlt Spaziergängern, Campern, Radfahrern, Joggern, Forstarbeitern, Gärtnern und Bauern, sich impfen zu lassen, denn die durch Viren ausgelöste FSME-Erkrankung befällt die Hirnhäute und das zentrale Nervensystem und ist nicht mit Medikamenten heilbar. Benötigt werden drei Impfungen, die drei bis zwölf Monate auseinanderliegen sollten. Gegen Borreliose ist ein erster Impfstoff nur in einer Phase-2-Teststudie.