© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/21 / 16. Juli 2021

Saudi-Arabien und Rußland wollen hohe und stabile Rohstoffpreise
Streit im Ölkartell
Albrecht Rothacher

Einmal mehr hat sich die einst mächtige Organisation erdölexportierender Länder (Opec) zerstritten. Bereits 2018 drängten die prowestlichen arabischen Monarchien das Emirat Katar – Großaktionär von VW und Daimler sowie EM-Sponsor und Veranstalter der Fußball-WM 2022 – aus dem 1960 gegründeten Ölkartell. Voriges Jahr verließ Ecuador zum zweiten Mal seit 1992 die Opec – da waren es nur noch 13 Mitglieder. Und der Streit hält an. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wollen mehr Öl fördern. Saudi-Arabien hält dagegen, mit Rußland als Trittbrettfahrer der sogenannten Opec+.

Derzeit liegt der Ölpreis bei 75 Dollar pro Faß (159 Liter) – vor einem Jahr waren es coronabedingt nur 40 Dollar. Manche rechnen bald mit 80 Dollar, dank der Nachfrage aus China und Indien. Das wäre aber ein weiterer Inflationstreiber. Auch andere Rohstoffe werden teurer. Der Aluminium-Preis stieg von 1.700 auf 2.500 Dollar pro Tonne. Von den Baupreisen angefangen, über Mikrochips bis zu Lebensmitteln – in Deutschland lag die Inflationsrate im Juni bei 2,3 Prozent. Und die mittelschichtsfeindlichen Negativzinsen der EZB tun ihr übriges (JF 28/21). Derzeit hält die Opec+ potentielle Förderungen von etwa fünf Millionen Faß pro Tag zurück. Die verknappte Angebotsmenge soll die Preise künstlich erhöhen – und die Milliardenverluste von 2020 ausgleichen. Zudem haben die Saudis und die Russen noch ein Nebengeschäft vereinbart, das Zusatzmengen von zwei Millionen Fässern beinhaltet. Die VAE wollen nun ihrerseits 600.000 Fässer fördern und verkaufen, um zum zweitgrößten Opec-Lieferanten aufzusteigen und den Schatten Saudi-Arabiens zu verlassen. Ohnehin haben die Emirate sehr viel Geld in ihre Raffinerien und Ölqualitäten investiert und wollen jetzt endlich Erträge sehen.

Die VAE versuchen in der Gunst der USA zu steigen. Ende Juni eröffnete der israelische Außenminister Jair Lapid die neue diplomatische Vertretung seines Landes in der Hauptstadt Abu Dhabi. Riad und Moskau gefällt das nicht, sie wollen hohe und stabile Ölpreise, um ihre jeweiligen imperialen und ideologischen Ambitionen zu finanzieren. Auch den „Klimarettern“ passen hohe Ölpreise ins Konzept – das könnte den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern beschleunigen.