© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/21 / 16. Juli 2021

Blick in die Medien
Alter Wein mit Himmler
Tobias Dahlbrügge

Das ZDF kriegt ab März 2022 einen neuen Intendanten: Norbert Himmler. Der 50jährige konnte sich trotz des „Makels“, ein „alter, weißer Mann“ zu sein, gegen die ARD-Hauptstadtstudioleiterin Tina Hassel (57) durchsetzen. Der Rheinhesse Himmler ist schon seit seinem Volontariat auf dem Lerchenberg – zuletzt neun Jahre als Programmdirektor – und hat seine Heimatstadt Mainz nie verlassen. Seine Welt ist die Anstalt. Etwas anderes als den öffentlich-rechtlichen Sender kennt er nicht, jedenfalls nicht von innen. Was wird sich unter so einem ändern?

Ein Vorschlag: Erst Glaubwürdigkeit herstellen, dann große Fernsehschinken produzieren.

Sein Staatsfernsehen steht von allen Seiten unter Druck. Alternative Medien und Streamingdienste, Gebührenrebellen und „Lügenpresse“-Wut, Streit um den Medienstaatsvertrag und neue Kanäle wie das am 22. August startende Bild TV machen dem Zweiten das Leben schwer. Die „werberelevante Zielgruppe“ im Alter von 14 bis 49 ist im Internet unterwegs, statt auf der Fernsehcouch. Vor allem der Vorwurf schwerer Schlagseite nach links ist inzwischen nicht mehr wegzulächeln und auch nicht mehr durch Publikumsbeschimpfung abzubiegen.

Was hat Himmler bisher getan, um Reputation und Wettbewerbsfähigkeit seines Senders zu erhalten? Er hat zum Beispiel das noch linkere ZDFneo installiert und die Schnitzler-Clownausgabe Jan Böhmermann groß gemacht. Um Netflix & Co. Paroli zu bieten, ließ er kürzlich die Bestseller-Verfilmung „Der Schwarm“ starten, die den Rekordtitel „Größte europäische Fernsehproduktion aller Zeiten“ beansprucht und sogar das aufwendige „Babylon Berlin“ übertreffen soll.

Dabei wäre man mit weit weniger ambitionierten Schritten schon zufrieden: Wie wäre es, wenn das ZDF seine Hetze gegen Ungarn oder die AfD herunterschrauben würde? Oder Schäbigkeiten wie die Großeltern-Diffamierung #meinnazihintergrund streichen würde? Oder auf absurde Gender-Sprachverhunzung verzichten könnte? Oder mal positiv durch neutrale Berichterstattung über islamische Terrormorde auffiele? 

Unsere Empfehlung an Norbert Himmler: Erst Glaubwürdigkeit wiederherstellen, dann große Fernsehschinken produzieren.