© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/21 / 16. Juli 2021

Die Verfassung wurde gebrochen
Der Arzt und Publizist Gunter Frank rechnet umfassend mit der verfehlten Corona-Politik ab
Johannes Eisleben

Die Covid-Pandemie ist das alles beherrschende Thema der letzten 15 Monate. Die Qualitätsmedien und zahlreiche Buchpublikationen, aber auch viele wissenschaftliche Veröffentlichungen sind einhellig der Meinung, bei dieser Krankheit handle es sich um eine hochgefährliche Seuche, die durch zahlreiche Maßnahmen wie Maskentragen, Hygieneregeln und soziale Isolation (sogenannter Lockdown), vor allem aber durch eine beispiellose globale Impfkampagne bewältigt werden müsse. Die Aufhebung der Grundrechte und die zahlreichen anderen Opfer, die wir erbringen, seien aber nicht umsonst, sondern notwendig, um die Krankheit zu besiegen, so lesen und hören wir es immer wieder in den etablierten öffentlichen und privaten Medien.

Nur wenige Fachaufsätze, Zeitungsartikel und Fachbücher vertreten eine andere Sicht dieser Krankheit und des Umgangs mir ihr. Zu denen, die seit März 2020 eine alternative Interpretation vortragen, gehören die Medizinstatistiker John Ioannidis und Gerd Antes, der Infektionsepidemiologie Sucharit Bhakdi, der Rechtsmediziner Klaus Püschel, der Internist Matthias Schrappe, der Toxikologe Stefan Hockertz, der Arzt und Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg sowie der Allgemeinmediziner und Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Medizin-Sachbücher Gunter Frank. Dieser hat nun ein neues Buch vorgelegt, das sich kritisch mit den Ereignissen der letzten 15 Monate auseinandersetzt. Es zeichnet ein vollständiges und auch fachlich weitgehend korrektes Bild des Virus Sars-Cov-2 und des staatlichen Umgangs mit dessen Verbreitung ab dem Winter 2019/20.

Im ersten Teil schildert der Autor das Virus und die Krankheitsbilder, die es hervorrufen kann, vom dominierenden asymptomatischen Verlauf bis zur seltenen tödlichen Pneumonie. Systematisch untersucht Frank die Charakteristika der Krankheit. Er weist nach, daß ein erheblicher Teil der Toten nicht an der Virusinfektion selbst, sondern an der falschen Behandlung durch invasive Beatmung gestorben ist. Dann zeigt er, daß 95 Prozent der Infizierten keine oder kaum spürbare Symptome haben und die Infection Fatality Rate (Anteil der Toten an den Infizierten) bei etwa 1,5 Promille liegt, bei unter 70jährigen noch deutlich darunter. Er macht deutlich, daß die auf PCR-Tests beruhenden Zahlen des RKI zur sogenannten „Inzidenz“ vollkommen wertlos sind, da der Test viele falsch-positive Ergebnisse erzeugt und ein positiver Test bei einem symptomfreien Menschen keinerlei klinische Bedeutung hat. Dann zeigt er, daß es 2020 in den Kliniken eine Unterbelegung gab und auch nicht mehr Menschen wegen Atemwegsinfektionen hospitalisiert wurden als 2020, auch auf den Intensivstationen. Frank beschreibt die Entwicklung der Sterblichkeit in Deutschland und zeigt auf, daß die Sterblichkeit 2020 sich angesichts der alternden Bevölkerung im zu erwartenden Rahmen bewegt hat und die offiziellen Covid-Todeszahlen wahrscheinlich überhöht sind. Dabei weist er darauf hin, daß unsere Versorgungsinfrastruktur für die jedes Jahr zunehmende Anzahl der im schwer pflegebedürftigen Zustand sterbenden Menschen nicht angemessen ist.

Die Corona-Pandemie war nicht außergewöhnlich bedrohlich

Die Grundlagen und Quellen für seine Aussagen sind wissenschaftlich stets einwandfrei und klar geschildert. Frank bilanziert den ersten Teil des Buches mit der Aussage: „Zusammenfassend bestand für die Gesellschaft in Deutschland keine außergewöhnliche Bedrohung durch die neue Corona-Pandemie. Die Feststellung einer epidemischen Lage nationaler Tragweite war zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt.“

Im zweiten Teil schildert und bewertet Frank die Maßnahmen, mit denen der Staat auf Covid reagierte. Er stellt fest, daß die Regierung nicht etwa Aufklärung betrieb, sondern geplant und systematisch Panik verbreitete, was der Anwalt Niko Härting Anfang 2021 aufdeckte. Sodann verdeutlicht er, daß der Lockdown keinerlei Nutzen hatte, sondern massive gesundheitliche und ökonomische Schäden anrichtete. Die Schäden des Lockdowns „gefährden die Gesundheit der Bevölkerung weit mehr als die Epidemie selbst“, resümiert Frank. Er geht auch auf andere Maßnahmen ein, wie etwa das Tragen von Masken oder die Impfung, die er allerdings eher milde bewertet. Zwar weist er auf das Risiko hin, daß die mittel- bis langfristige Toxizität der Impfstoffe noch nicht bekannt ist und nicht geprüft wurde, doch geht er nicht auf die bei Abschluß des Manuskripts bereits deutlichen massiven Autoimmunreaktionen ein, die die Impfstoffe verursachen, die Sars-Cov-2-Spike-Proteinfragmente nutzen. Auch schreibt er kaum zu den skandalösen Umständen der Zulassung der Impfstoffe. Seine Bilanz der Maßnahmen ist aber eindeutig: „Eine Verhältnismäßigkeit bestand zu keinem Zeitpunkt. Die Regierung hat die Verfassung gebrochen (…).“ 

Im dritten Teil schildert Frank seine Sicht der gesellschaftlichen Entwicklungen, die seiner Ansicht zum Covid-Debakel in Deutschland geführt haben. Dabei geht er auf Themen wie die Ausgrenzung der Vernunft aus dem öffentlichen Diskurs, Hypermoral, Neopuritanismus, die Spaltung der Gesellschaft, den Wandel der Qualitäts- zu Haltungsmedien oder den Verfall der Universitäten zu Ideologieschmieden ein. Der letzte Teil des Buches ist persönlich geschrieben und sehr politisch gedacht. Frank weicht hier von der tatsachenbasierten Diktion der ersten beiden Teile ab, was seine zahlreichen etablierten Stammleser – der Autor hat eine Covid-Kolumne bei der „Achse des Guten“ – begeistern dürfte, andere aber auch befremden könnte.

Frank kann schreiben, sein Stil ist im guten Sinne routiniert, verständlich, unaufgeregt und klar. Zu kurz kommen allenfalls die zellbiologischen und immunologischen Aspekte der Infektion, es fehlt auch eine mathematische Kritik an den epidemiologischen Modellen, mit denen so viel Mißbrauch getrieben wurde. Doch kann man dies anderswo nachlesen. Dem Autor ist eine erstklassige Aufklärungsschrift gelungen, die jedem Leser ans Herz zu legen ist, der dem Kantschen Motto „Aufklärung ist der Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit“ Folge leisten will.

Gunter Frank: Der Staatsvirus. Ein Arzt erklärt, wie die Vernunft im Lockdown starb. Achgut Edition, Berlin 2021, broschiert, 200 Seiten, 19 Euro