© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/21 / 23. Juli 2021

Individualismus fördern, um kollektive Identität auszulöschen
Perfide Politik der Auslöschung

Das 1917 vom US-Präsidenten Woodrow Wilson postulierte „nationale Selbstbestimmungsrecht“ ist in den Vereinigten Staaten den indianischen Ureinwohnern seit Beginn der angelsächsischen Landnahme im frühen 17. Jahrhundert konsequent verweigert worden. Erst seit den 1980ern, nach bewaffneten Auseinandersetzungen mit militanten Indigenen, ist es weithin anerkannt worden. Damit, so skizziert der Politikwissenschaftler Lewis Hinchman (Potsdam/New York), hätten die USA endgültig den Irrweg einer Strategie verlassen, die Minderheit der Urvölker mehr oder weniger gewaltsam aufzulösen (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 6/2021). Der letzte Anlauf, dieses Ziel zu erreichen, sei der „Dawes Act“ von 1887 gewesen, der den bereits in Reservate gezwängten Stämmen den ihnen verbliebenen Boden enteignete. Was bis 1934 gelang, denn bis dahin war der Landbesitz aller Reservate von 56 auf 19,5 Millionen Hektar geschrumpft. Das eigentliche Ziel dieses Landraubs sei jedoch gewesen, durch interne Aufteilung des nicht enteigneten Bodens den „Geist des Individualismus“ unter den Indigenen zu fördern, um ihren sozialen Zusammenhalt zu zerstören und die kollektive Identität auszulöschen. Erst 1970 habe die Nixon-Regierung diese „Termination-Politik“ gestoppt. (ob)  www.frankfurter-hefte.de