© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Gendersprache
Von Links in die Mitte gedrückt
Thomas Paulwitz

Wenn Ihnen das Wasser bis zum Halse steht, von wem würden Sie sich helfen lassen: von einem Kommandanten oder von einer Teamleitung? Für die Bürogenerale in der Bundeswehr ist der Fall klar: Sie benennen jetzt den Panzerkommandanten um in „Teamleitung Panzertruppe“. Da denkt man doch eher an einen Stuhlkreis im Kindergarten als an eindeutige Befehlsketten, mit denen man schnell auf dynamische Ereignisse antworten kann.

Das ist ein Problem der Gendersprache: Wenn Menschen zu „-leitung“ oder „-kraft“ neutralisiert werden, verschleiert das Verantwortlichkeiten. Das macht das Gendern bei Politik und Verwaltung so beliebt. Dort hat es sich denn auch zuerst durchgesetzt: in den Universitäten und in den Behörden von Großstädten. Genderleitfäden wie in Bonn halten die Mitarbeiter dazu an, grundsätzlich geschlechtsneutral zu formulieren. Aus dem Bauleiter wird dort die „Bauleitung“, aus dem Fahrzeughalter die „fahrzeughaltende Person“.

Die Corona-Krise, in der Regeln nicht in Frage gestellt werden sollen, begünstigt das widerstandslose Hinnehmen.

Doch das Ganze hat auch eine ideologische Dimension. Die Gendersprache ist von Linksaußen in die Mitte der Gesellschaft gewandert. Als die Grünen 2015 den Genderstern einführten, wurden sie noch ausgelacht, auch von der „ZDF heute show“. Heute ist dieses Symbol bereits Standard: in vielen Unternehmen, aber auch – und besonders lästig, weil gebührenfinanziert – bei ARD und ZDF.

Der deutsche Staat als größter Einzelaktionär nimmt es ohne Widerrede hin, wenn die Lufthansa ihren Fluggästen vor den Kopf stößt, indem sie auf die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ verzichtet. Der deutsche Gebührenzahler muß ertragen, daß ARD und ZDF gendern, obwohl deren Umfragen ergeben, daß drei Viertel der Zuschauer das Gendern ablehnen. Das ZDF-Politbarometer versteckte die Ergebnisse, der MDR besetzte eine Diskussion zu drei Vierteln mit Genderbefürwortern. Einer davon diffamiert Genderkritiker als „Neue Rechte“.

Die Corona-Krise, in der Regeln nicht in Frage gestellt werden sollen, begünstigt das widerstandslose Hinnehmen. Annalena Baerbock hat jetzt angekündigt, als Kanzlerin Gesetze in Gendersprache übersetzen lassen zu wollen. Das ist stimmig, denn ihre bedeutendste schöpferische Leistung in dem Buch, das unter ihrem Namen erschienen ist, scheint ein typographisches Zeichen zu sein: der Genderstern. Sie lachen? Das Wasser steht der deutschen Sprache schon bis zum Hals.