© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Mark Branson. Nach dem Wirecard-Skandal steht nun erstmals ein Ausländer der deutschen BaFin vor.
Ein Brite räumt auf
Carsten Müller

Der milliardenschwere Wirecard-Betrug ist bisher der größte Skandal der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Während das politische Fehlverhalten und Versagen der privaten Wirtschaftsprüfer bislang keine ernsten Konsequenzen hat, rollten bei der 2002 gegründeten BaFin sprichwörtlich Köpfe: Ende Januar verkündete der zuständige Bundesfinanzminister Olaf Scholz, daß ihr Präsident Felix Hufeld – seit 2015 im Amt und zuvor bei Investmentgesellschaften in der Region München tätig (wo die Wirecard AG ihren Sitz hatte) – sowie zwei seiner Untergebenen abgelöst werden. 

Überraschend ist die Wahl des Nachfolgers: Mit Mark Branson gibt es seit Montag erstmals eine „externe“ Lösung, denn, wie Dan McCrum von der Financial Times, der den Wirecard-Skandal aufdeckte, stammt er aus Großbritannien. Der Mathematiker und Betriebswirt begann seine Karriere bei der Crédit Suisse in London, ging dann zur zweiten Schweizer Großbank, der UBS. 2010 wechselte er die Seiten: Inzwischen verheiratet mit einer Schweizerin und mit dem beliebten „Schweizerpaß“ ausgestattet, heuerte er bei der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) an. Als Branson 2014 zu deren Direktor aufstieg, opponierte die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei (SVP) dagegen. In Medien des Landes wurde er gar als „meistgehaßter Mann des Finanzplatzes“ Schweiz bezeichnet. Wohl um des lieben Friedens willen wurde daher 2016 der SVPler Thomas Bauer Finma-Verwaltungsratspräsident. 

Künftig stehen Korruption und Geldwäsche im Fokus. Branson hat da keine Angst vor großen Namen.

Der Brite hat nicht nur bewiesen, daß er ordentlich Deutsch spricht, sondern auch wie konsequent er gegen schwarze Schafe der Branche vorgeht. Daß der Finanzplatz Schweiz – trotz von den USA erzwungener Aufgabe des Bankgeheimnisses und langjähriger Reibereien mit der EU – so gut dasteht, kann sich auch Branson als Erfolg ans Revers heften. Die Aufgabe aber, die nun vor ihm liegt, ist ungleich schwerer. Statt 536 Finma-Mitarbeitern muß der drahtige 53jährige künftig rund 2.700 deutsche Beamte und öffentliche Angestellte führen. Wobei das Verwaltungstechnische das geringere Problem sein wird – eine neue Behördenkultur durchzusetzen ist dagegen eine Herkulesaufgabe. Aus Bransons bislang wenigen Stellungnahmen lassen sich schon ein, zwei Ansätze dazu ableiten. Das trifft insbesondere auf die BaFin selbst zu. So sollen die Verhaltensregeln („Compliance“), etwa was Aktiengeschäfte von Mitarbeitern betrifft, klarer gefaßt und überwacht werden. Zudem – so Branson in seiner in der Schweiz antrainierten öffentlichen Zurückhaltung – müsse künftig die Unabhängigkeit der BaFin, auch vom Bundesfinanzministerium, eindeutiger geregelt sein. 

Was selbstverständlich klingt, könnte für Zündstoff sorgen. Schließlich hat das Berliner Finanzministerium die Rechts- und Fachaufsicht inne, und so könnten rasch politische und regulatorische Ziele kollidieren. Man darf gespannt sein, wie sich die BaFin auf den neuen Chef einstellt. Für den Finanzplatz Deutschland bedeutet das sicherlich frischen Wind – aber vermutlich auch Gegenwind. Denn schaut man auf die bisherige Aufsichtstätigkeit Bransons, werden künftig wohl vor allem die Themen Korruption und Geldwäsche auf der Agenda stehen. Und da hat er erwiesenermaßen keine Angst vor großen Namen.