© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Ländersache: Saarland
Widder nur Zores
Christian Schreiber

Im Saarland, so schrieb es mal ein Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, „sitzen Leute im Landtag, die es schwer hätten, in einer westdeutschen Großstadt in den Stadtrat einzuziehen“. Das war im Jahr 2012, als sich die bundesweit bis dato erste Jamaika-Koalition in beeindruckender Öffentlichkeit zerlegt hatte. Vor allem lag es damals an den Liberalen, die seitdem in der außerparlamentarischen Opposition verharren. Die Christdemokraten, die seit 1999 den Chefsessel in der Saarbrücker Staatskanzlei besetzen, retteten sich in eine Große Koalition mit der SPD. Die harmoniert gut, arbeitet geräuschlos und hat den Vorteil, „daß es eigentlich keine Opposition gibt“, wie es der Saarländische Rundfunk unlängst kommentierte. 

Neben den beiden „Großen“ sitzen noch die Linkspartei sowie die AfD im Landtag. Doch die haben, vorsichtig formuliert, ihre Problemchen. Die AfD-Fraktion ist von drei auf zwei Leute geschrumpft. Der Abgeordnete Lutz Hecker wurde von seinen Kollegen ausgeschlossen, wenig später aber zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. Dafür ist Fraktionschef Josef Dörr seinen Job an der Spitze des Landesverbandes los. Sein Nachfolger: der Bundestagsabgeordnete und Hecker-Freund Christian Wirth. Der 82jährige Dörr war mehrere Jahrzehnte bei der CDU und den Grünen tätig. Dort schaffte er es immerhin bis in den Landesvorstand. Doch der Traum vom Mandat blieb ihm verwehrt. 

Verantwortlich dafür: Hubert Ulrich, im Saarland als der „grüne Panzer“ bekannt (JF 28/21). Er hat eine Machtbasis in seinem Heimatverband Saarlouis. Die Gaststätte „Humpen“ sei die heimliche Geschäftsstelle, spotten Kritiker. Zwei Jahrzehnte war „Hubsi“ Grünen-Chef, führte die Partei in den Landtag und wieder heraus. 2017 scheiterten sie an der Fünfprozenthürde, und viele hatten die Hoffnung, der „Panzer“ würde in Rente gehen. 

Doch rechtzeitig zur Listenaufstellung zur Bundestagswahl war er wieder da. Zwar sehen die Statuten vor, daß eine Frau gewählt werden muß, doch das interessierte Ulrich wenig. Sein Lager ließ die Landesvorsitzende einfach so lange durchfallen, bis diese entnervt aufgab. Ulrich hatte sein Comeback. Jedoch nur so lange, bis das Bundesschiedsgericht die Liste kassierte. Nun wurde doch eine Frau gewählt, Jeanne Dillschneider, allerdings nur, weil die Delegierten aus Ulrichs Kreis von der Wahl ausgeschlossen wurden. Ein Formfehler, urteilte die Wahlleiterin. Nun stehen die Grünen nicht auf dem Wahlzettel. 

Der Linken ist dieses Szenario erspart geblieben. Doch der frühere Ministerpräsident und heutige Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine ist nicht zufrieden. „Dieser Mann ist ein Betrüger“, keilte der „Alte“ gegen den Spitzenkandidaten der Linken, Thomas Lutze. Der Vorwurf lautet wie bei den Grünen: Die Delegierten seien „geschmiert“ worden. 

Während sich die Linken mit Ausschlußverfahren überziehen und vor ordentlichen Gerichten klagen und die Grünen im absoluten Chaos versinken, fühlt sich die einstige Skandal-FDP obenauf. „Wir haben unsere Lektion gelernt“, sagt Landeschef Oliver Luksic und prophezeit: „Im nächsten Landtag sind wir dabei.“ Sieben Prozent würden derzeit die Liberalen wählen. Nach zehn Jahren ist der Jamaika-Knatsch offenbar vergessen.