© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Grüße aus … Kapstadt
Respekt vor den Straußen
Yorck Tomkyle

Kennen Sie Oudtshoorn? Nein? Das Kleinod liegt in der „Kleinen Karoo“, die wiederum Teil der großen Halbwüste ist, welche einen Großteil von Südafrika einnimmt. Die Tatsache, daß Oudtshoorn heute ein relativ unbekanntes Nest am Rande dieser Halbwüste ist, hat ihre Ursache darin, daß die große Zeit von Outdshoorn mit Beginn des Großen Kriegs 1914 zu Ende ging. In Outdshoorn lag und liegt auch noch heute das Zentrum der südafrikanischen Straußenindustrie. Was heute ein, wenn auch wohlschmeckendes und recht gesundes Nischenprodukt ist – Straußenfleisch –, war einst heiß begehrt und führte zu dem legendären Ruf der Region als Eldorado der Federkleid-Modeindustrie.

Bereits im 18. Jahrhundert erreichte die Nachfrage nach derartigem Hutschmuck ein solches Ausmaß, daß die Jagd auf wilde Strauße den Vogel nahezu ausrottete. Daher kam man bereits 1838 auf die Idee, diese Vögel zu züchten und die große Nachfrage nach Straußenfedern durch entsprechend gezüchtete Vögel zu bedienen. Wo? In Oudtshoorn. Das Beispiel machte Schule, weshalb es einige Farmer in dieser Gegend zu beträchtlichem Wohlstand brachten. Man nannte sie Straußenbarone. Da diese Barone nun auch angemessen wohnen wollten, bauten sie sich Anwesen, mit denen sie ihren Reichtum zur Schau stellen konnten: die Federpaläste.

Was Sie jedoch auf keinen Fall tun sollten ist, das Angebot, einmal auf einem Strauß zu reiten, anzunehmen. 

Wenn Sie durch diese Gegend kommen, lohnt sich immer ein Abstecher zu einer dieser Farmen. Was Sie jedoch auf keinen Fall tun sollten ist, das Angebot, doch einmal auf einem Strauß zu reiten, anzunehmen. Mir hat leider niemand diesen Rat erteilt, und ich habe auch das verstohlene Grinsen unseres Straußenfarm-Führers nicht bemerkt, weshalb ich mich rittlings auf einem dieser Tiere sitzend wiederfand. Unser Führer hielt es fest, während er mir einschärfte, nicht herunterzufallen, da der Strauß dann mit seinen spornbewehrten Füßen nach mir treten würde („Damit kann er auch Löwen töten!“). 

Zum Bremsen solle ich einfach am Hals ziehen. Während ich eher hilflos zum Publikum hinüberblickte, das auf einer Tribüne Platz genommen hatte, riß mein Führer dem armen Tier den Sack vom Kopf und dieses begann, panisch über den abgezäunten Sandplatz zu rasen. Natürlich war das Tierquälerei, aber das war mir im Moment herzlich egal. Verzweifelt hielt ich mich an den Flügeln fest, während das Publikum johlte. Schließlich wußte ich mir nicht anders zu helfen, als den Hals des Tieres nach hinten zu ziehen. Uff – es blieb stehen! Leider etwas zu plötzlich, weshalb ich nun, dem tödlichen Sporn des Tieres gefährlich nahe kommend, in den Staub fiel. Zum Glück wurde das Tier von zwei Pflegern eingefangen, so daß nur mein Stolz es war, der durch das hemmungslose Gelächter von der Tribüne verletzt wurde.