© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Können fünf Euro Strafabgabe pro Paket den Innenstadthandel retten?
Lieber ordentlich bezahlen
Jörg Fischer

Seit Jahren sorgen sinkende Umsätze im stationären Handel für Leerstände in den Innenstädten. Kaufhäuser sind fast ausgestorben, selbst renommierte Filialisten müssen schließen. Ein Teil der drei Millionen Beschäftigten muß mit Arbeitslosigkeit rechnen. Nur Aldi, Edeka & Co. scheinen mithalten zu können: Frischware wollen die Kunden lieber selbst in Augenschein nehmen. Und wegen der Corona-Pandemie machen Versandhändler sowie Paket- und Lieferdienste immer bessere Geschäfte. „Wir brauchen Hürden für den Onlinehandel, insbesondere für die ganz großen Player wie Amazon, wenn wir das Gut der Innenstädte schützen wollen“, verlangt Raoul Roßmann, Sohn des Gründers und Gesellschafter der Drogeriekette Rossmann, im Handelsblatt.

Ähnlich wie einige Unionspolitiker schwärmt er von einer Paketsteuer. Auch „höhere Mehrwertsteuersätze“ seien denkbar, denn „wenn ich für ein online bestelltes Paket fünf Euro mehr bezahlen muß, als wenn ich die Produkte stationär erwerbe, dann überlege ich genau, ob es mir das wert ist“, so der 36jährige. Das sei „eine radikale Lösung, aber die einzige, die uns davor bewahrt, Milliarden in die Innenstädte zu pumpen, beispielsweise um künstlich Mieten zu reduzieren“, glaubt der Rossmann-Geschäftsführer. 

Doch bloß weil der Fiskus noch mehr Einnahmen bekommt, öffnet kein Laden zusätzlich. Im Gegenteil: Für das bequemere Einkaufen wird die Steuer letztlich zähneknirschend gezahlt – ähnlich wie die „CO2-Bepreisung“ zur „Klimarettung“. Dem milliardenschweren Amazon-Konzern tut das kaum weh. Aber was ist mit der deutschen Online-Konkurrenz von Cyberport, Otto oder Zalando? Die hat es dann noch schwerer. Und statt dem Staat mehr Geld zu geben, wäre es doch besser, die ausgebeuteten Mitarbeiter in den Versandzentren oder die Paketlieferanten endlich ordentlich zu bezahlen. Bei einem auskömmlichen Mindestlohn würde sich manche Lieferidee von selbst erledigen. Warum sollen Kunden überhaupt zum Einkaufen in die Großstädte kommen, wenn es dort zunehmend unangenehmer und gefährlicher wird? Wenn es dort keine oder nur teure Parkplätze gibt? Wenn künftig sogar eine City-Maut fällig wird? Das wird dann nicht nur die verbliebenen Läden Kunden kosten, sondern auch Kinos oder Restaurants.