© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/21 / 06. August 2021

Drama um Ludwig
Kino: Auch die siebte Eberhofer-Adaption „Kaiserschmarrndrama“ bietet viel Klamauk und wenig Krimi
Dietmar Mehrens

Jeder dreckige Straßenköter wird besser behandelt als ich. Warum schläfern sie mich nicht gleich ein?“ Schon der erste Dialog von „Kaiserschmarrndrama“ ist richtungsweisend. Er fällt anläßlich eines Krankenhausbesuchs von Polizeiinspektor Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) bei seinem nach einem von Eberhofer angeblich mitverschuldeten Unfall gelähmten Kollegen Rudi (Simon Schwarz). Das Thema Einschläferung wird dem Zuschauer im Verlauf des Films wieder begegnen. Nicht Rudi wird dann im Visier der umstrittenen Euthanasie-Maßnahme stehen, sondern Ludwig (Joker), der lebensmüde Vierbeiner des Eberhofer-Clans. Das hat so auch seine Berechtigung. Denn aus der Frage, ob Hund Ludwig Gevatter Tod noch mal von der Schippe springen kann, ergibt sich deutlich mehr Spannung als aus dem dürftig gewobenen und entsprechend fadenscheinigen Kriminalfall, den Franz und Rudi eher im Vorbeigehen lösen. Dazu muß der rein physisch komplett Genesene freilich erst mal raus aus dem Krankenhaus. Zum Glück gibt’s einen triftigen Grund: Der Klinik-Kaiserschmarrn, bayerisches Nationalgericht, schmeckt ihm nicht: „Zu viele Rosinen“, urteilt der Ur-Bajuware, „das ist ein Drama.“

Krimis, die sich selbst nicht ernst nehmen, sind bei Zuschauern beliebt

Mehr Drama ist dann im gesamten „Kaiserschmarrndrama“ mit seinen neunzig Minuten Spieldauer allerdings auch nicht zu erwarten. Der banale Kriminalfall um eine tote Joggerin im Wald, die sich, O-Ton Rudi, als „Freizeitschlampe“ entpuppt, im Klartext: als Frau, die unanständig vor Internet-Zusehern posierte, ist nicht mal halb so spannend wie eine Folge „Bares für Rares“. Zwar taucht bald eine zweite Tote auf und damit die Frage: Könnte hier ein Serienmörder am Werk sein? Doch darauf kann man, ohne irgendeinen Spannungsbogen (Spannungsbogen?) zu zerstören, getrost antworten: „Schmarrn!“

Das eigentliche Drama des Films von Regisseur Ed Herzog sind sowieso eher der Neubau einer Doppelhaushälfte, der innerhalb der Eberhofer-Sippe nur Teilbegeisterung auslöst, und Rudis Weg zurück ins Leben. Der nach wie vor an den Rollstuhl Gefesselte will schließlich versorgt sein – von den Eberhofers. Und dann bliebe noch das Schicksal des moribunden Hundes Ludwig zu klären …

Seit 2010 mit „Winterkartoffelknödel“ der erste Eberhofer-Krimi der aus Oberammergau stammenden Autorin Rita Falk erschien, ist ein wahrer Kult um den leicht lethargischen Polizeibeamten Franz Eberhofer, seinen mürrischen Kollegen Rudi und ihre kuriosen Kriminalfälle im bayerischen Niederkaltenkirchen entstanden. Allen, die diesem Kult nicht huldigen und denen es nach dem bisher Referierten nicht klar geworden ist, sei an dieser Stelle kurz dargelegt, daß es sich bei Kriminalromanen wie „Grießnockerlaffäre“ und „Sauerkrautkoma“, wie die Titel bereits andeuten (vor allem der Titel des jetzt verfilmten neunten Eberhofer-Krimis) um einen riesigen Schmarrn, auf hochdeutsch: um einen ausgemachten Blödsinn, handelt. Spätestens seit das zuweilen clowneske Ermittler-Duo Boerne und Thiel, die „Tatort“-Variante von Dick und Doof, die kolossal überschätzte Krimireihe der ARD zu neuen Zuschauerhöhenflügen trieb, hat sich im Film- und Fernsehgeschäft herumgesprochen, daß sich mit Krimis, die sich selbst nicht besonders ernst nehmen, viele Zuschauer hinterm Ofen hervorlocken lassen.

In diese Kerbe schlagen auch die Verfilmungen von Rita Falks Eberhofer-Krimis, an denen der „Tatort“-Sender mit seiner Tochter ARD Degeto beteiligt ist. Das Leben, so sagte es Woody Allen, ist schließlich schon traurig genug, da will man doch wenigstens im Film was zu lachen haben. Dazu würde Franz Eberhofer sicherlich sagen: „Jo mei.“

Kinostart ist am 5. August 2021