© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/21 / 13. August 2021

Abgedeckter Rassismus im Stuttgarter Linden-Museum
Das schwere schwäbische Erbe
(dg)

Neuerdings liest man auf den Stufen zum Eingangsportal des Linden-Museums in Stuttgart, einem der größten europäischen Völkerkunde-Museen: „Stopp! Schwieriges Erbe!?“ Eine Informationstafel klärt dann darüber auf, wie der „Migrationsexperte“ und Publizist Karl-Heinz Meier-Braun mit dem Unterton der „Betroffenheit“ berichtet (Kulturaustausch, 3/2021), daß schon das Portal ein übles Zeichen kolonialer Vergangenheit sei. Denn dort prange die klischeehafte Darstellung zweier in Stein gehauener Menschen, „vermutlich aus Afrika oder Neuguinea“, mit überbreiten Nasen und überzeichneten Lippen. Diese würden jetzt aber endlich pink angestrahlt, um den „kolonialen Hintergrund wortwörtlich zu beleuchten“. Mit seiner neuen Ausstellung setze das nach Karl Graf von Linden, der das Haus zu deutscher Kolonialzeit leitete, benannte Museum den „selbstkritischen“ Kurs der letzten Jahre fort. Ein neuer Ansatz betrachte nun auch die Stadt- und Landesgeschichte im Licht postkolonialer Fragestellungen. So werde daran erinnert, daß am „Boxerkrieg“, der für den historisch desorientierten Meier-Braun im „deutschen Schutzgebiet China“ stattfand, „Hunderte von Soldaten aus Württemberg“ teilnahmen. Das Modul „Alltagskultur“ erweitere den Blick auf die breite schwäbische Rezeption der exotischen Kolonialwelt, wie sie die damals so beliebten wie heute berüchtigten „Völkerschauen“ zeigten. 1928 zog die erste große „Kolonialausstellung mit Völkerschau“ in Stuttgart 200.000 Besucher an. Die museale Aufbereitung sei aber nur in zensierter, abgedeckter Form möglich gewesen, um die originalen „rassistischen und sexistischen Fremdzuschreibungen nicht weiter zu verbreiten“. 


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