© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/21 / 13. August 2021

Zeitschriftenkritik: Deutsche Sprachwelt
Leben unter Sprachjakobinern
Werner Olles

Wer gute Argumente gegen den Gender-Zwang oder die Cancel Culture sucht, wird in der aktuellen Sommer-Ausgabe (Nr. 84) der vierteljährlich vom Verein für Sprachpflege herausgegebenen Zeitung Deutsche Sprachwelt fündig. Schriftleiter Thomas Paulwitz beschreibt in seinem Leitartikel „Freiheit statt Lust am Löschen“, wie nun auch die Deutsche Sprachwelt zum Opfer der neuen Zensur-Kultur wurde. Während Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer noch Anfang Mai bekundete, „Cancel Culture macht uns zu hörigen Sprechautomaten, mit jedem Wort am Abgrund. Ich will nicht in einem solchen Sprachjakobinat leben“, ermuntert das von den Regierungsparteien beschlossene Netzwerkdurchsetzungsgesetz Anbieter wie Facebook, Youtube und Twitter, auf ihren Plattformen politisch nicht korrekte oder regierungskritische Meinungen zu zensieren, Löschungen vorzunehmen und Nutzer zeitweise oder ganz zu sperren. Daß solche Entscheidungen im Prinzip unabhängigen ordentlichen Gerichten vorbehalten sind, stört die Big-Tech-Giganten offenbar in keiner Weise. Die Deutsche Sprachwelt traf es allein aus dem Grund, weil Paulwitz auf Facebook nach Aussagen Boris Palmers zum „Sprachjakobinismus“ suchte. Als zensurfreie Alternative bietet sich nun der Telegram-Kanal an.

Mit „erschreckender Arroganz“ reagiert auch der Zwangsgebühren-Sender ARD auf genderkritische Zuschauer. Wahrheitswidrig wird behauptet, daß „gendergerechte Sprache auch vielen Männern ein Anliegen ist“. Fakt ist jedoch, daß bei allen offiziellen Umfragen sowohl Frauen als auch Männer den Gender-Unfug mehrheitlich klar ablehnen, auch wenn die Grünen in einer Art Größenwahn auch das Grundgesetz gendern wollen, ermutigt durch die Abschaffung des generischen Maskulinums im Rechtschreib-Duden, wo der Sprachfeminismus ebenfalls auf dem Vormarsch ist. 

Deprimierend liest sich der Beitrag „Bitte hört auf mit dem Genderzwang“ der Studentin Lena Hoffmann. Die junge Frau berichtet darin von den Zuständen an ihrem Institut am Zentrum für Translationswissenschaften (ZTW) an der Universität Wien. Hier gibt es Richtlinien, nach denen man gendern muß, um nicht schlechter bewertet zu werden. Ihre Erfahrungen mit Beleidigungen und Schikanen wegen ihrer Weigerung zu gendern klingen unfaßbar.

Thomas Paulwitz’ Artikel „Nur aufgeregt oder doch erkrankt“ über die notorischen Sprachschnitzer der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock trägt angesichts von deren Stammel-Deutsch („Sackkasse“, „Klatzenzimmer“, „Frankleich“, „bedingungsgroßes Grundeinkommen“) wieder ein wenig zur Erheiterung bei, obwohl „Häme hier nicht angebracht ist“ (Paulwitz). 

Kontakt: Deutsche Sprachwelt, Postfach 1449, 91004 Erlangen. Ein Jahresabo kostet 12 Euro.  www.deutsche-sprachwelt.de