© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/21 / 13. August 2021

CD-Kritik: Oskar Böhme
Unter Stalin erschossen
Jens Knorr

Der Trompeter Oskar Böhme, 1870 in Potschappel bei Dresden geboren, reist als 28jähriger nach Rußland aus und tritt im September 1902 als Kornettist ins Orchester des Marientheaters, heute Mariinski-Theater, ein. Unter Stalin verliert er die Stelle, darf jedoch eine Trompetenklasse an der Rimski-Korsakow-Musikschule leiten und wird von 1930 bis 1934 Orchestermitglied des Großen Dramatischen Theaters. In den dreißiger Jahren mehrfach verhaftet und aus Leningrad verbannt, wird Böhme im Oktober 1938 in Orenburg der Prozeß gemacht, verurteilt und erschossen – ein Opfer des „Großen Terrors“. Sein Grab ist unbekannt.

Diese irrwitzige Biographie in dem Jahrhundert der Extreme hat der Journalist Christian Neef dem Vergessen entrissen. Damit das kompositorische Erbe des Trompeters von St. Petersburg von ihr nicht zugestellt werde, haben Helmut Fuchs, Solotrompeter der Sächsischen Staatskapelle Dresden, und Pianistin Lilly Zhang-Sowa, unterstützt von Harfenistin Johanna Schellenberger und Tenor Sebastian Fuchsberger, Stücke und Stückchen von Böhme neu eingespielt, sechs davon erstmals.

Hauptstück ist sein 1899 noch in Leipzig komponiertes „Concert e-moll für Trompete in A (Cornet à pistons) mit Clavierbegleitung“ op. 18, das einzige authentische Trompetenkonzert der musikalischen Romantik. Fuchs spielt die von Franz Herbst 1941 für die B-Trompete transkribierte Fassung mit eigener Kadenz: heiter virtuos läßt er die Trompete fern- und heimwehsüchtig zugleich singen.

150 Jahre Oskar Böhme. Thorofon 2021 www.bella-musica.de