© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/21 / 13. August 2021

Blick in die Medien
Paläste für die Propaganda
Tobias Dahlbrügge

In ihrer Reklame behaupten die öffentlich-rechtlichen Sender, sie bräuchten die mehr als acht Milliarden jährlicher Zwangsgebühren, um damit ein hochwertiges Programm zu produzieren. Nach dem Motto: „Ohne Mäuse keine Sendung mit der Maus“. Tatsächlich verheizen es die übermöblierten Anstalten für Luxusgagen und Pensionen. Und jetzt ist auch noch der Bauboom ausgebrochen.

Das bekannteste „Real Estate“-Projekt ist der Totalumbau des WDR-Filmhauses für zur Zeit geschätzte 240 Millionen Euro – gegenüber ursprünglich veranschlagten 65 Millionen. Der Bau sollte eigentlich schon 2020 fertig sein. Im Volksmund wird das Protz-Projekt bereits als „Kölner BER“ verspottet. Gebaut wird übrigens weiter, obwohl die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) die Mittel gesperrt und die Planung als „regelwidrig“ bezeichnet hatte.

In Baden-Baden will der SWR für 56 Millionen Euro bauen, in Mainz für 37,7 Millionen renovieren.

Doch auch die Provinzfürsten wollen neue Lustschlößchen: In Tübingen will der SWR ein überdimensioniertes Regionalstudio in bester Lage bauen. In der Villengegend am grünen Hang des Österbergs sollen auf 2.000 Quadratmetern 70 Einzelbüros entstehen, obwohl es nur 56 Vollzeitstellen gibt, wie die Welt berichtet. Außerdem weist der Bauplan Loggia, Terrasse und Kantine aus. Der grüne Gemeinderat ist dafür, die Bürgerinitiative „Kein Luxustraum im Grünen!“ dagegen.

In Münster/Westfalen will der WDR sein Lokalstudio vom Stadtrand auf ein Filetgrundstück in bester Citylage in Bahnhofsnähe verlegen. Das sechsgeschossige Gebäude mit „Skybar“ soll „urbanes Flair“ verströmen. Auch in Bayern beantragte der ÖR-Funk eine „Großinvestition“ von 197 Millionen Euro bei der KEF, beim NDR begnügt man sich mit bescheidenen 50 Millionen. Und noch zweimal der SWR: Neben dem noblen Österberg soll auch in Baden-Baden für 56 Millionen neu gebaut und in Mainz für 37,7 Millionen renoviert werden. Das sind jedenfalls die heute angesetzten Zahlen, nicht die später tatsächlichen Kosten. In den neuen Palästen können die Qualitätsjournalisten dann Dokus produzieren, in denen die Klimaschädlichkeit des Städtewachstums gegeißelt wird.