© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/21 / 13. August 2021

Das neue Farbfernsehen
Diversität: Mit ihrer zunehmenden „Wokeness“ produzieren TV-Sender am Publikum vorbei
Ronald Berthold

Die Öffentlich-Rechtlichen stehen vor einer wichtigen Frage: Was tun, wenn die Meinung der Zuschauer deutlich von der Politik des eigenen Senders abweicht? Knapp drei Viertel der Deutschen lehnen die Sprechpausen ab, die bei ARD und ZDF das generische Maskulinum ersetzen. Die sogenannten „Zuschauer*innen“ laufen dagegen Sturm. Das hat das ZDF über sein Haus-Institut „Forschungsgruppe Wahlen“ ermittelt (JF 30-31/21). Offenbar hat das den Sender so erschreckt, daß er im „Politbarometer“ kein Wort darüber verlor. Auch die Pressemitteilung der Mainzer verschwieg diesen Teil der Umfrage. Das Ergebnis konnte nur entdecken, wer den 40seitigen Report der Meinungsforscher mindestens bis zur Seite 18 durcharbeitete.

Anstatt die Mehrheitsmeinung ernst zu nehmen, setzen die Gebührenfunker den eingeschlagenen Kurs fort. Die ARD ging noch einen Schritt weiter. Als der Schriftsteller Gunther Grabowski der Anstalt eine selbstgeschriebene Broschüre zum sprachlichen Unsinn des Genderns übersandte, erhielt er die Antwort: „Von der Thematik selbst haben Sie offensichtlich keine Ahnung.“ Grabowski kenne sich nicht aus, mußte er sich aus der „Zuschauerredaktion“ anhören, die seltsamerweise immer noch so heißt. Man wolle sich „nicht die Mühe machen“, seine Argumente gegen das Gendern zu widerlegen.

Auch wenn sich die ARD zerknirscht gab und sich von dem Mitarbeiter trennte, als Bild den Schriftwechsel veröffentlichte, paßt die Reaktion doch zum „Selbstverständnis“ der Zuschauerredaktion. Darin heißt es: „Mit werthaltiger Kommunikation erklären, schützen und verteidigen wir Das Erste, die Programmangebote und die Programmbeteiligten.“ Kritik ist also von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Gebührenzahler ist dafür gut, das Programm zu finanzieren, nicht aber, sich einzubringen.

Ältere deutsche Mitarbeiter müssen gehen

Dabei ist das Gendern nur ein Teil der „Wokeness“. Ein Wort, das noch weniger kennen dürften als jenes Viertel, das die Sprechpausen gut findet. Es bedeutet ein „erwachtes Bewußtsein“ für angebliche Ungleichheiten zu haben und führt zu absurden Forderungen. So diskriminierten die Redewendungen „Elefant im Porzellanladen“ oder „Schwein gehabt“ die Tiere und dürften nicht mehr verwendet werden. Inzwischen durchzieht der „woke“ Leitgedanke einer kleinen Minderheit das Programm von ARD und ZDF. Mit speziellen Filmen, Dokus und Nachrichtentendenz thematisieren diese auch grotesk konstruierte Diffamierungen und vernachlässigen ihr Stammpublikum.

Bei der Neubesetzung von Stellen gilt daher Diversität als Trumpf. Zur Nachfolgerin der „heute“-Moderatorin Petra Gerster machte das ZDF Jana Pareigis (JF 29/21). Neben der für den Sender offenbar wichtigen Hautfarbe brachte die 40jährige auch noch das Bekenntnis mit, in der Nachrichtensendung zu gendern. Die Tochter eines Simbabwers und einer Deutschen sagt, sie empfinde schon die Frage nach ihrer Herkunft als „Rassismus“ und betont gegenüber dem RND, in den Redaktionen und Chefetagen „könnte sich noch mehr tun, was die Diversität angeht“.

Pikanterweise ist laut Ex-WDR-Moderatorin Simone Standl die Frage nach der Ethnie dann kein „Rassismus“, wenn es um die Besetzung von Stellen geht. Anfang des Jahres habe der Programmgruppenleiter der ARD-Anstalt die interne Vorgabe formuliert, der Sender müsse diverser werden. Kurz darauf wurde die Kölner „Lokalzeit“-Moderatorin abserviert, weil sie, wie sie überzeugt ist, keinen Migrationshintergrund habe. Nachfolgerin wird Sümeyra Kaya, Tochter eines türkischen Einwanderers. Standl meint gegenüber der Bild, die Diversität, die der WDR beim Personaltausch zu Lasten der deutschen Mitarbeiter praktiziere, gehe „total am Zuschauerherz vorbei. Die werden gar nicht gefragt.“ Daraufhin feuerte der WDR sie komplett.

RTL setzt ebenfalls auf mehr vermeintliche Vielfalt. So wird die kürzlich von der ARD abgeworbene Nachrichtensprecherin Pinar Atalay nicht nur das neue Format „RTL direkt“ moderieren, sondern auch beim News-Flaggschiff „RTL Aktuell“ an der Seite von Peter Klöppel stehen. Außerdem will der Privatsender bis 2030 klimaneutral produzieren. Dafür hat die Mediengruppe RTL mit dem internen „Green Production Board“ neue Mindeststandards festgelegt, die seit Juni zunächst für 50 eigene, aber auch externe Produktionen gelten.

Foto: Die Regenbogenflagge gibt die Linie vor: Vielfalt bis zur Eintönigkeit